: Rausschmiss ohne Vorwarnung an der Bonner Universität
Die Universität Bonn lehnt Härtefallanträge bei Studiengebühren gar nicht mehr ab, sondern exmatrikuliert gleich. Das sei im Interesse der Studierenden, meint die Uni. Studierendenvertreter sind empört. Betroffene sollten sich wegen rechtlicher Schritte an ihren AStA wenden
KÖLN taz ■ 650 Euro Studiengebühren können „Langzeitstudierende“ in Nordrhein-Westfahlen nur umgehen, wenn sie als Härtefall anerkannt sind. In Bonn hat die Universität eine ganz eigene Praxis im Umgang mit solchen Härtefallanträgen entwickelt: Die Ablehnung dieser Anträge teilt sie den Betroffenen gar nicht erst mit, sondern exmatrikuliert diese, wenn die 650 Euro nicht überwiesen wurden.
Ein unmögliches Verfahren, findet der AStA der Universität Bonn. Zwar sei es richtig, dass Anträge keine aufschiebende Wirkung hätten, was die Zahlungsverpflichtung angehe, sagt Florian Conrad vom Referat für Hochschulpolitik des AStA. Aber trotzdem müsse die Verwaltung die Studierenden über den Stand ihrer Anträge auf dem Laufenden halten.
Werde ein Härtefallantrag positiv beschieden, würde der Antragsteller immer informiert, erläutert Uni-Sprecher Andreas Archut die universitäre Praxis. Das sei etwa der Fall, wenn jemand Opfer einer Straftat wurde, unverschuldet in wirtschaftlicher Notlage ist, besondere familiäre Belastungen zu tragen hat oder sich kurz vor dem Examen befindet. Bei negativen Bescheiden verfahre die Universität absichtlich anders: „Wenn wir negative Bescheide verschicken würden, würden wir die Rechtssituation der Betroffenen verschlechtern.“
Nicht-Verschickung sei im Übrigen genau das, was die Antragsteller wollten, argumentiert Archut unter Verweis auf ein Antragsformular, das der AStA auf seiner Homepage anbietet. Tatsächlich heißt es dort: „Sollten Sie meinen Widerspruch nicht für begründet erachten und ihm nicht vollem Umfang abhelfen bitte ich darum, über meinen Widerspruch zunächst noch nicht zu entscheiden.“
Dieser Bitte folge das Uni-Sekretariat, sagt Archut. Schließlich helfe das den Studierenden, denn im Falle eine Ablehnung seien diese gezwungen, dagegen zu klagen, andernfalls sei die Ablehnung nach vier Wochen „bestandskräftig“, also endgültig. Von etwaigen erfolgreichen Musterklagen gegen Studiengebühren könnten diese dann nicht mehr profitieren.
Im Übrigen unterscheide die Universität nicht zwischen Härtefallanträgen und Widersprüchen. Bei beiden entstehe bei Ablehnung dieselbe Lage. Deshalb versteht Archut auch den AStA nicht. „Im Interesse der Studierenden ist es nicht sinnvoll, einen negativen Bescheid einzufordern.“
Dass die Universität keine Ablehnung von Widersprüchen gegen Gebühren verschickt, wird von studentischer Seite durchaus begrüßt. Die Ablehnung von Härtefällen sei dagegen durchaus möglich, sagt AStA-Mitarbeiter Florian Conrad. „Über Härtefallanträge muss natürlich entschieden werden“, sagt auch Wilhelm Achelpöhler, der für die Studierendenschaften in Nordrhein-Westfalen die Musterklagen gegen Studiengebühren betreut.
Der Rechtsanwalt hält das Vorgehen der Universität Bonn für glatt „rechtswidrig“. Studierenden, die Gebühren bezahlen sollen, ohne dass über ihren Härtefallantrag entschieden wurde, rät er, Kontakt mit dem jeweiligen AStA aufzunehmen. Dort könne dann entschieden werden, ob Eilantrag auf aufschiebende Wirkung beim Verwaltungsgericht eingereicht wird.DIRK ECKERT
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