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Bremerhaven wirbt Lehrer auch in Polen an

Stärker noch als in Bremen schlägt sich der Fachlehrermangel in Bremerhaven nieder. Die Schulbehörde sucht Fachlehrer sogar in Szczecin. Von dem Recht, verbeamtete Lehrer nach Bremerhaven zu versetzen, macht die Bildungssenatorin keinen Gebrauch

Die Kultusministerien von Baden-Württemberg und Hessen werben in den norddeutschen Bundesländern die Lehrer ab und locken sie mit ihren höheren Gehältern – in Bremerhaven ist der Fachlehrermangel so groß, dass die Schulbehörde sich auch in Polen umschaut.

Die „Schule für alle in Bremerhaven gGmbH“ hat im Auftrag des Schulamtes Bremerhaven zudem einen „Pool für Feuerwehrkräfte“ angelegt, in dem die Telefonnummern von Pensionäre und Lehramtsstudenten verzeichnet sind – diese Kräfte werden bei drohenden Unterrichtsausfällen mobilisiert. Die Stadt lockt gleichzeitig mit erhöhten Umzugspauschalen für angehende Referendare. Nichts soll unversucht bleiben, um Lehrer zu bekommen. Denn die Zahlen der unbesetzten Stellen und des Unterrichtsausfalls vor allem in Englisch, Latein und den Naturwissenschaften sind dramatisch. Von den im Herbst 2008 neu in Bremerhaven bewilligten 200 Stellen waren im Februar erst 103 besetzt, schreibt der Magistrat in seiner Antwort auf die Anfrage der Grünen.

Völlig unklar ist allerdings, wie man die massiven Pensionierungen der nächsten Jahre umgehen will: „Von 1200 gehen 800 Lehrer in den nächsten zehn Jahren in Rente“, sagt Sülmez Dogan, bildungspolitische Sprecherin der Grünen in Bremerhaven. Michael Porwoll, Schulaufsichtsbeamter für die Sekundarstufe I im Schulamt, nimmt auch lange Reisen in Kauf, um LehrerInnen anzuwerben: „Ich versuche etwa, Lehrer aus unserer polnischen Partnerstadt Szczecin zu bekommen, wenn die Deutschkenntnisse ausreichend sind“, sagt er. Außerdem werden seit sieben Jahren Lehrer über Agenturen aus England angeworben.

„In Einzelfällen konnte Bremen aushelfen“, sagt Karla Götz, Sprecherin des Bildungsressorts, „da wurden Lehrer aus Bremen-Nord nach Bremerhaven versetzt“. Ansonsten sei Bremen vor allem in den Problemfächern auch in dem Maße betroffen, dass eine Versetzung nicht in Frage käme. Umgekehrt frage man aufgrund der dramatischen Lage aber nie in Bremerhaven an, so Götz.

Lehrermangel ist bundesweit ein Problem, Bremerhaven muss mit besonders viel Phantasie auf die Suche gehen. Doktoranden des Alfred-Wegener-Instituts werden in den Schuldienst versetzt, Vereine sollen Sportlehrer zur Verfügung stellen und bald sollen in London in einer Aktion mit der „Times“ Englischlehrer gecastet werden. Mitunter entstanden aus der Not sogar bessere Konzepte, findet Schulrat Powoll: „Auf meine Native Speakers möchte ich nicht verzichten, wo bekomme ich denn sonst soviel geballte Sprachkompetenz her?“ Als wolle er die Globalisierung auch endlich im Bildungssektor ankommen lassen, sagt er: „Wir haben soviel Internationalität in deutschen Schulen, aber die Lehrerschaft bleibt zu homogen.“

Anke Krein, grüne Stadtverordnete in Bremerhaven, glaubt nicht, „dass sich die Bremerhavener Lage so stark von der in der Stadt Bremen unterscheidet“. Die „fehlende Attraktivität des Lehrerberufes“ sei ein strukturelles, deutschlandweites Problem. Imageprobleme Bremerhavens kämen aber verstärkend hinzu: „Die Hochschule mit den jungen Leuten in der Stadt“ bewirke schon einiges im Stadtbild, aber eine nach wie vor hohe Arbeitslosenquote und Problembezirke seien in der Außenwirkung wohl prägender, so Krein.

Jens Uthoff

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