: Fluglärm: Ökoverbände schlagen Krach
Umweltverbände verteidigen bei einer Anhörung im Umweltministerium das ungeliebte Fluglärmgesetz, das sie bislang kritisiert haben. Flughafenbetreiber wollen die Grenzwerte höher ansetzen. Sie beklagen milliardenschwere Belastungen
Noch vor zwei Monaten klang die Einschätzung der Umweltverbände zum Entwurf des neuen Fluglärmgesetzes so: Die Novelle biete den Anrainern von Flughäfen keinen Schutz vor dem Krach und mache das Fliegen nicht umweltverträglicher. Gestern nun warnten die Verbände erneut – diesmal aber vor einer „Verwässerung des geplanten Lärmschutzgesetzes“. Luftverkehrslobby und Verkehrsminister in Bund und Ländern versuchen nach Ansicht der Umweltverbände BUND, DNR und Robin Wood, des Verkehrsclubs VCD, der Bundesvereinigung gegen Fluglärm (BVF) und des Deutschen Arbeitsrings für Lärmbekämpfung (DAL), die „fortschrittlichsten Regelungen im Gesetz zu torpedieren“.
Die Verbände haben ihre Meinung nicht geändert – sie befürchten nur, dass alles noch viel schlimmer kommt. „Das Gesetz ist unzureichend, aber unverzichtbar“, sagt BUND-Experte Throben Prenzel. „Mehr werden die Anwohner nicht bekommen.“ Der Streit tobt vor allem und immer wieder um die Frage, bei welchem Lärmpegel die Anwohner ein Recht darauf haben, dass die Flughafenbetreiber ihnen Schallschutzfenster bezahlen. Nach dem Entwurf soll der Grenzwert für die „Schutzzone 1“ rund um die Flughäfen gesenkt werden. Liegt der Dauerschallpegel bei über 65 Dezibel, müssen die Flughäfen zahlen. Nachts sollen die Grenzwerte bei 55 Dezibel liegen.
Von aktivem Lärmschutz, einer Veränderung der Treibwerkstechnik oder gar Flugverboten ist nicht mehr die Rede. Deshalb kritisieren die Umweltverbände nach wie vor, das Gesetz habe „seinen Namen eigentlich nicht verdient“. Doch ein neues Gesetz muss her, da sind sich alle einig. Die bisher gültige Regelung stammt aus dem Jahr 1971. Seitdem hat sich nicht nur in der Technik vieles verändert. Auch Lärm ist von einer kleinen Nebensache zu einem der größten Umweltprobleme geworden. Mit einem neuen und schärferen Gesetz war das Umweltministerium in der letzten Legislaturperiode gescheitert.
Die Flughafenbetreiber, die gestern ebenfalls beim Umweltministerium in Bonn angehört wurden, warnen dagegen vor den Kosten, die das Gesetz für sie bringen würde. „Mindestens eine Milliarde Euro“ würde der zusätzliche Schallschutz kosten, erklärte gestern Bernd Nierobisch, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV). Ihm sei unverständlich, dass der Gesetzentwurf nur 500 Millionen an Belastung annehme. Der ADV kritisiere weiter, die Lärmgrenzen orientierten sich nicht am „aktuellen Stand der Lärmwirkungsforschung“. Eine Grenze von 67 Dezibel sei gerade noch akzeptabel, meinte der ADV.
Das klingt nicht viel, macht aber zu den 65 Dezibel im Gesetz „fast eine Verdopplung des Lärms aus“, sagt Thorben Prenzel. Die Umweltverbände haben errechnet, dass der Lärmschutz, den das Gesetz jetzt fordert, jedes Flugticket um etwa 50 Cent verteuern würde. „Das ist pro Flug der Preis für einen Schokoriegel“, so Thorben Prenzel vom BUND. BPO
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