: Bad Guy: Meister Proper
Im Poker um die Zukunft von Beiersdorf fürchten sie in Hamburg den US-Konzern Procter&Gamble. Wenn die Amerikaner kaufen, droht der Wegzug aus der Hansestadt. Hoffnung gründet sich auf die Tchibo-Familie
aus Hamburg PETER AHRENS
Es wird hoch gepokert, und es geht um die Zukunft von Hamburgs traditionsreichstem Unternehmen. Es geht um Hunderte von Jobs, und es geht darum, ob das, was als Wirtschaftsstandort Hamburg bezeichnet wird, einen symbolischen Tiefschlag erhält oder nicht. Im Mittelpunkt des Pokers stehen drei Weltfirmen: Beiersdorf, der Hersteller von Tesa, Hansaplast und Nivea, der Kafferöster Tchibo – zwei Hamburger Vorzeigefirmen – und als drittes, in der Rolle des Bad Guy, der US-Riese Procter&Gamble, von dessen Fließbändern unter anderem Oil of Olaz, Meister Proper oder Pampers in die Welt hinaus geschickt werden. Beiersdorf steht zum Verkauf, und Tchibo und P&G würden beide gerne zugreifen. Die Befürchtungen, dass die Amnerikaner den Zuschlag erhalten werden, sind groß. Allen ist klar: Dann gehen bei Beiersdorf in Hamburg die Lichter aus.
Tchibo hat in der vergangenen Woche sein Interesse an einer Übernahme der Mehrheit bei Beiersdorf noch einmal bekräftigt. Die über Jahre untereinander heillos zerstrittene Herz-Familie, die zu den reichsten in Deutschland zählt, besitzt jetzt bereits gut 30 Prozent von Beiersdorf. Sie würde gerne aufstocken und sich den zum Verkauf stehenden Anteil der Allianz-Versicherung von gut 44 Prozent sichern. Aber dafür müsste schon eine Milliardensumme herhalten, und diese Geldreserve wird bei Herzens zurzeit dafür gebraucht, den ehemaligen Tchibo-Vorstand Günter Herz und seine Schwester Daniela aus dem Konzern herauszukaufen. Günter und Daniela liegen mit ihren übrigen drei Geschwistern über Kreuz, reden seit Jahrzehnten nicht mehr miteinander und haben mit ihrem Zwist über Jahre strategische Geschäftsentscheidungen blockiert. Mit der Milliardenabfindung für Günter und Daniela Herz wurde im Sommer dieses lähmende Patt im Unternehmen aufgebrochen.
Im Hintergrund dräut der größte Konkurrent von Beiersdorf, Procter&Gamble. Dass P&G Beiersdorf gerne kaufen würde, ist kein Geheminis. Allerdings zögern die Amerikaner damit, den Allianz-Anteil zu kaufen, weil dann immer noch die Herz-Familie ihre 30-prozentige Sperrminorität ins Feld führen könnte und damit alle weiteren Entscheidungen im Aufsichtsrat zu verhindern in der Lage wäre. Weiter gehende Entscheidungen befürchten alle in Hamburg: Verlegung des Hauptstandortes weg aus Hamburg an irgendeinen der Procter-Produktionsstätten. Und Hamburg ohne Beiersdorf, das wäre wie die Hansestadt ohne das Ohnsorg-Theater.
Einen solchen Imageverlust fürchtet auch der Senat, der bereits Konzernzentralen wie die der Hamburgischen Electricitätswerke HEW, Universal Deutschland oder des Gasversorgers Hein Gas in den letzten zwei Jahren aus der Stadt hat verschwinden lassen müssen. In allen drei Fällen hatten die Großkonzerne, die die Unternehmen aufgekauft hatten, dabei das entscheidende Wort gegen Hamburg gesprochen.
Procter&Gamble hatte erst im Frühjahr das Darmstädter Unternehmen Wella geschluckt und dafür sechs Milliarden Euro hingeblättert. Ob P&G noch einen solchen Kraftakt in diesem Jahr hinbekommen könnte, ist nicht sicher. Dass die Amerikaner im Zweifelsfall jedoch finanziell mehr zu bieten haben als die Herz-Familie, steht außer Frage.
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