piwik no script img

Kritik unerwünscht

Malaysische Bürgerrechtlerin wegen Kritik an Zuständen in Abschiebelagern zu einem Jahr Gefängnis verurteilt

PEKING taz ■ Die malaysische Bürgerrechtlerin Irene Fernandez ist gestern zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung verurteilt worden. Die Richterin in Kuala Lumpur sprach sie schuldig, „bösartig falsche Meldungen“ veröffentlicht zu haben, was nach dem Publikationsgesetz mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann. Das Gericht gewährte der 57-jährigen Fernandez eine Frist von nur einem Tag, um Berufung einzulegen. Bis dahin ist sie gegen Kaution auf freiem Fuß.

Im Mittelpunkt der Klage stand eine Dokumentation über die elende Situation in malaysischen Abschiebegefängnissen, die von der Bürgerrechtsorganisation Tenaganita 1995 veröffentlicht wurde. Leiterin der Organisation, die sich auch für Frauen und Aidskranke einsetzt, ist Fernandez. Sie und ihre Mitarbeiter hatten aufgedeckt, dass mehrere Abschiebehäftlinge wegen Missandlungen und fehlender medizinischer Versorgung gestorben waren.

Fernandez war mehrere Monate nach Erscheinen der Dokumentation im März 1996 festgenommen worden. Nachdem ihr Mann eine Kaution hinterlegte, wurde sie wieder freigelassen, musste aber ihren Pass abgeben. Seither musste sie rund 150-mal vor Gericht erscheinen. Eigentlich war das Urteil im bisher längsten Prozess des Landes für März 2004 erwartet worden, wurde aber kurzfristig vorverlegt, obwohl Fernandez’ Verteidiger außer Landes ist. Offenbar sollte der Prozess noch in der Regierungszeit des autoritären Premierminister Mahathir Mohamed beendet werden, der am 31. Oktober nach über zwanzigjähriger Amtszeit abtritt.

Fernandez’ Schwester Aegile, die auch bei Tenaganita arbeitet, war „schockiert über das Urteil“. Es verletze die in Malaysias Verfassung garantierte Meinungsfreiheit und die UNO-Menschenrechtskonvention. Die Dokumentation „entspricht der Wahrheit“, erklärte sie. JUTTA LIETSCH

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen