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„Die Fabrik hat den Test nicht bestanden“

Niemand will in die Chipfabrik Frankfurt (Oder) investieren. Das schreckt die Politik ab, sagt der Ökonom Hermann Ribhegge

taz: Vor einem Jahr war Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn noch bei der Grundsteinlegung für die Chipfabrik dabei. Jetzt zweifelt die Bundesregierung. Warum?

Hermann Ribhegge: Weil sich Entscheidendes geändert hat. Damals war klar: Ein Drittel der 1,3 Millionen finanziert die Europäische Union, ein Drittel kommt als Eigenkapital aus Dubai, und für das letzte Drittel wird Fremdkapital angeworben. Bürgschaften lehnte das Land ab. Nun sollen Bund und Land zu 80 Prozent einen 650-Millionen-Kredit absichern. Außerdem ist die Wirtschaftlichkeit des Projekts zweifelhaft.

Wieso?

Normalerweise betreibt ein Großunternehmen wie Siemens so eine Fabrik und ist auch Abnehmer. Hier wurde eine Firma gegründet, die auf Aufträge hofft.

Aber die Bürgschaft ist doch nur eine Sicherheit. Das Geld soll ja nicht ausgegeben werden.

Das Risiko ist der Politik aber wohl doch zu hoch. Und wenn die Chipfabrik in Konkurs geht, hat die öffentliche Hand eine Milliarde umsonst investiert. Außerdem hat die Fabrik den entscheidenden Test nicht bestanden: Fremdkapital anzuwerben. Das schreckt auch den Ausschuss ab.

Warum dauert die Entscheidung dann so lange?

Weil das Thema hier in der Region extrem sensibel ist. Laut öffentlicher Meinung geht Frankfurt unter, wenn die Fabrik nicht kommt. Zudem haben Stadt, Land und Bund schon Geld ausgegeben. Das soll nicht umsonst gewesen sein.

Warum kommt nicht mehr als 250 Millionen Euro aus Dubai?

Da gibt es einen Konflikt zwischen Dubai und Brandenburg. Hier will man viele Arbeitsplätze schaffen. Doch Dubai will nur die Technologie, um zu Hause zu produzieren. Erst hat man versucht, die Entwicklungen des hiesigen Instituts für Halbleiterphysik zu kaufen. Das verweigerte Brandenburg. Dubai versucht jetzt, mit möglichst wenig Geld doch an die Technik zu kommen.

Hat die Fabrik noch eine Chance?

ABN Amro, die holländische Bank, hat eine 100-Prozent-Bürgschaft verlangt, bevor sie einen Kredit gibt. Das zeigt die Skepsis der Investoren.

Ist denen Dresden mit der Infineon-Fabrik vielleicht zu nah dran?

Frankfurt will ein anderes Marktsegment bedienen. In der Stadt kursieren natürlich allerlei Theorien darüber, dass Siemens die Frankfurter Fabrik verhindern will. Wenn man das Werk wirklich für so rentabel halten würde, gäbe es auch Investoren.

Was macht Brandenburg falsch? BMW geht nach Sachsen, Lausitzring und CargoLifter sind Flops.

Sachsen verkauft sich besser. Dabei hat auch Brandenburg Erfolge: Eko-Stahl in Eisenhüttenstadt beispielsweise schreibt schwarze Zahlen. Und Sachsen hat eine lange Industrietradition. Aber natürlich hat Potsdam auch Fehler gemacht. INTERVIEW: DANIEL SCHULZ

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