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Art Attack und Business

Im Wissenschaftspark Gelsenkirchen wehren sich Mieter mit Pamphleten gegen kubanische Kunst. Geschäftsleitung will Ruhe im teuren Glashaus

Standortbeschädigung können wir uns in der heutigen Zeit nicht mehr leisten

VON PETER ORTMANN

Von allen Seiten kamen Beschwichtigungen. Das sei kein Eklat. Nichts passiert. Alles wieder gut. Das Transparent „Kunst kommt von Können, nicht von den Bäumen“ ist sicher im Keller des Wissenschaftsparks abgelegt, vielleicht schon entsorgt. Schwamm drüber?

In der vergangenen Woche wurden Bilder des kubanischen Künstlers Israel Dias im Gelsenkirchener Innovationsspark einfach abgehängt, das „Kunst und Können“-Pamphlet machte es notwendig. Eine innovative Firma direkt nebenan „hatte sich dermaßen echauffiert“. Mitarbeiter und Kunden „sollten da nicht vorbei müssen“, das war zu hören, der Mieter wurde nicht genannt. „Die Bilder waren nicht geschäftsförderlich“ , sagte Sabine von der Beck, Sprecherin des Parks. Man wolle sie deshalb „vor Beschädigungen schützen“. Gefahr für Kunst also aus dem „besten Business Center Europas“ (MIPIM-Award 1995)?

Künstlerförderung ist es nicht, was die Manager dort bei Ausstellungen im Kopf haben, sie wollen kostenlos Kunstwerke an der Wand, um damit so genannte weiche Standortfaktoren abzudecken. „Unsere Aufgabe ist es Geschäfte zu machen, wir nehmen uns die Freiheit, hinzuhängen, was wir wollen,“ Wissenschaftspark-Geschäftsführer Heinz-Peter Schmitz-Borchert ist sauer. Schließlich sei man keine Galerie. Man wolle auf keinen Fall den Standort beschädigen. Oberste Priorität sei Frieden im Haus – an diesem Wochenende vermietete man den Park an einen Hobby-Kunstmarkt.

„Mit 300 Metern Länge kann der Wissenschaftspark Gelsenkirchen den Titel als längste Galerie weit und breit beanspruchen“ So wirbt der Park auf seiner Homepage, auch mit der Ausstellung „Kuba in Gelsenkirchen“. Er wirbt mit der Allerwelts-Banane von Thomas Baumgärtel und einem der letzten Kunstwerke des amerikanischen Neonkünstlers Dan Flavin.

Was ist also dran an den Arbeiten vom Kubaner Dias, der an der Academia Nacional de Artes Plasticás und am Instituto Superior de Arte ausgebildet wurde? Nichts. Stil und Malweise sind Kinder der 1980er Jahre, erinnern stark an AR Penck. Der hat diese Technik damals ziemlich ausgereizt. Wer sich so noch provozieren lässt, lebt in der kryptographischen Mottenkiste. Dennoch sollten die Bilder erst in den Keller, dann um 100 Meter umgehängt werden. Am Ende blieb alles, wie es war, Aufsehen ist eben nicht geschäftsfördernd. Auch hatte sich der kubanische Professor Ruslán Torres, dessen Bilder gleich nebenan hängen, vehement gegen eine Veränderung ausgesprochen, Mitkuratorin Gabriele Meyer-Ullrich bereits den Protestumzug geplant. „Damit tut man der Kunst keinen Gefallen“, sagt Schmitz-Borchert und droht damit, Kunstausstellungen im Wissenschaftspark in Zukunft zu verbieten. Den KünstlerInnen sollte das egal sein, schließlich liefern sie umsonst die weichen Standortfaktoren. Wie so oft in solchen Häusern.

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