piwik no script img

BISCHOF HUBER: KLARE KONTUREN FÜR DIE EVANGELISCHE KIRCHEDer politischste Kandidat

Er hatte nur noch diese eine Chance – und er hat sie genutzt: Der berlin-brandenburgische Bischof Wolfgang Huber wird aller Voraussicht nach neuer Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Es ist eine gute Wahl.

Der 61-jährige Theologieprofessor mit dem Schwerpunkt Sozialethik gehört zu den wenigen brillanten Köpfen des Protestantismus in Deutschland. Huber war der politischste Kandidat der EKD-Synode in Trier. Als höchster Repräsentant der evangelischen Kirchen der Bundesrepublik verspricht er den Kirchen Luthers jenes klare protestantische Profil wiederzugeben, dessen Fehlen in den vergangenen Jahren immer häufiger als größter Mangel der Reformationskirchen genannt wurde, und zwar intern wie extern.

Auch Margot Käßmann, die andere große Favoritin bei den Wahlen, wäre eine gute Wahl gewesen, denn auch sie gehört zu den profilierten politischen Köpfen im deutschen Protestantismus. Doch wahrscheinlich galt sie vielen Synodalen mit ihren 45 Jahren einfach als zu jung und zu wenig demutsvoll. Darauf deutet die Tatsache hin, dass sie erst im dritten Wahlgang in den Rat gewählt wurde – Protestanten neigen dazu, zu forsches Vorgehen abzustrafen.

Doch wofür steht Huber? Der Intellektuelle strebte eine Zeit lang ein Bundestagsmandat für die SPD an und gilt als linksliberal. Mit klugen Einwürfen mischt er sich oft und gern in die Tagespolitik ein – vom Irak- und Kosovokrieg über die Bioethik-Debatte bis zum Streit um das Schulfach Religion in Brandenburg oder zur Kopftuchdebatte. Im Vergleich zum scheidenden Ratsvorsitzenden Manfred Kock setzt Huber weniger auf Ausgleich. Er liebt klare Konturen; als der Vatikan mit dem Schreiben „dominus iesus“ den protestantischen Kirchen schlicht ihr Kirche-Sein absprach, reagierte der „Hauptstadtbischof“ empört, entschieden und hart. Huber neigt nicht dazu, mit Konsensgedusel zuzukleistern, was einen guten Streit erfordert. Die EKD, die Politik und die Gesellschaft darf sich auf einen klugen, kantigen Kopf freuen.

PHILIPP GESSLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen