: Ein Herr badet gerne seicht
Im Hotel Vier Jahreszeiten plaudert Ole von Beust mit Ex-Schwimmstar Franziska van Almsick über Belanglosigkeiten und Quallen. Nebenbei verspricht der Hamburger Bürgermeister zehn Millionen Euro für den Ausbau des Olympiastützpunkts
Von Markus Jox
Was es nicht alles gibt in dieser Stadt. Zum Beispiel die „Hamburg Soirée“, veranstaltet vom Verein Hamburger Sportjournalisten und dem Versicherer Deutscher Ring. Eine Hundertschaft aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien und Sport labt sich im Hotel „Vier Jahreszeiten“ an Champagner, französischer Erbsensuppe und Wildlachs. Dazu gibt‘s lecker Promis zu gucken. Nachdem sich die feine Gesellschaft zuletzt mit Boris Becker und Franz Beckenbauer geschmückt hatte, war am Dienstag eine Frau an der Reihe: „Franziska van Almsick im Gespräch mit Ole von Beust“, war der Abend überschrieben.
„Von unserem Ehrengast erwarten wir Hintergrundinformation über das Profileben im Rampenlicht sowie eine Standortbestimmung des deutschen Spitzensports aus erster Hand“, stand in der Einladung zu lesen. Hochtrabender als die Fragen, welche die Leistungsschwimmerin a.D. dann nicht vom Bürgermeister, sondern von Christian Hinzpeter, Agentur upsolut, und Jens Meyer-Odewald, Chefreporter beim Hamburger Abendblatt, gestellt bekam. Kostproben: „Ist es so, dass Schwimmer beim Schwimmen schwitzen unter Wasser?“ – „Singen Sie morgens unter der Dusche?“ – „Wann waren Sie das letzte Mal im Schwimmbad?“ Die letzte Frage immerhin konterte van Almsick mit kecker Ironie: Sie besuche ihre ehemalige Trainingshalle, aber nur, wenn sie dort alleine sei. „Der Einzige, der da ist, ist der Bademeister – und wir beide machen uns dann eine nette halbe Stunde“, berlinerte sie los. In hanseatisches Schweigen hinein fügte sie hinzu, sie gehe davon aus, von Beust beim Wettschwimmen selbst dann abzuhängen, „wenn mir ein Arm auf den Rücken gebunden wäre“.
Der physisch durchaus anwesende Bürgermeister zeigte sich gegenüber der Schwimmerin „beeindruckt, dass Sie so normal und natürlich sind“. Auch er wurde gefragt, wann er zuletzt – nicht politisch, natürlich – „baden gegangen“ sei. Auf Sylt, sagte von Beust, im August, allerdings habe es dort sehr viele Quallen gegeben. Auch sei er „im Laufe der Zeit beim Schwimmen ängstlicher geworden“. Mittlerweile versuche er sich „immer im seichten Wasser aufzuhalten, wo ich noch Grund unter den Füßen habe“.
Irgendwann an diesem Abend, Franzi – diesen Kosenamen hört sie gar nicht mehr gern – plauderte gerade über ihre Liebe zu Berlin, kramte von Beust ein Papier hervor, das so aussah wie ein Vermerk seiner Hintersassen. Während van Almsick weiterplapperte, studierte der Bürgermeister ungeniert den Schrieb, und als sie fertig war, fing er an, die „Sportstadt Hamburg“ zu preisen. Wie nebenbei erwähnte er die zehn Millionen Euro, die in den kommenden fünf Jahren in den „Olympiastützpunkt Hamburg“ investiert werden sollten. „Es gibt da bereits ein fertiges Planungs- und Nutzungskonzept“, trumpfte er auf.
In Dulsberg solle von 2005 bis 2009 eine große Sporthalle als Leistungszentrum für Badminton und Basketball oder Volleyball gebaut werden, und zwar auf dem Gelände der Gesamtschule Alter Teichweg. Darüber hinaus sollten dort eine Beachvolleyball-Anlage sowie zwei Leistungszentren für Handball und Judo entstehen und das Freibad umgestaltet werden – alles für die Sportelite.
Spitzen- und Breitensport müsse man zusammendenken, dozierte von Beust – ohne freilich näher auf die vom Senat geplante Betriebskostenbeteiligung der Sportvereine und -verbände für staatliche Hallen und Plätze einzugehen. Ein Verhandlungsangebot der Sportbehörde, das der taz vorliegt, sieht vor, dass die Betriebskostenbeteiligung von ursprünglich verlangten 3,5 Millionen um eine Million Euro reduziert werden könnte.
Doch erst einmal steht Dringlicheres an für den Bürgermeister. „Wir haben in seinem Umfeld recherchiert und herausgefunden, dass er gerne am Computer sitzt und mit Flugsimulatoren spielt“, sagte Meyer-Odewald. Zum Dank für den schönen Abend wolle man von Beust einen Airbus-Simulator schenken. Der Clou: „Mit Return-L kann man die Landebahn so lang ziehen, wie man sie haben möchte.“
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