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Keine Maut, keine Bahn

Bundesregierung sperrt eine Milliarde Euro für Investitionen in Verkehrswege

BERLIN taz ■ Für den Ausbau des Straßen- und Schienennetzes gibt es weniger öffentliches Geld als bisher vorgesehen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages sperrte mehr als eine Milliarde Euro für Investitionen in den Verkehr im nächsten Jahr. 530 Millionen Euro fallen beim Straßenbau weg. 390 Millionen werden bei der Bahn gesperrt und 125 Millionen bei den Wasserstraßen.

Der Grund: Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) fehlen allein in diesem Jahr 600 Millionen Euro Maut-Einnahmen. Jeder Monat ohne Maut kostet 160 Millionen Euro. Dazu kommt ein Loch von 244 Millionen Euro durch die Rentenbeschlüsse der Regierung.

Verkehrsverbände fürchten jetzt um die Bahn: „Diese Sperre betrifft 10 Prozent der Haushaltsmittel für die Schiene“, sagt Frauke Lendowsky von der Allianz pro Schiene. Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) protestiert. 400 Millionen Euro seien der Bahn im Vergleich zum Vorjahr gekürzt worden. „Mit den Maut-Einschnitten summiert sich das auf 800 Millionen Euro“, sagt VCD-Chef Michael Gehrmann. Damit sei das im Bundestag gestern zur Beratung vorgelegte Gesetz zum Ausbau von Schienenwegen Makulatur.

Laut CDU-Politikern ist geplant, der Bahn noch mehr Geld zu streichen. Regierungskreise bestätigten das gestern allerdings nicht. Minister Stolpe prüft unterdessen, ob die Eurovignette – für sie zahlen Spediteure pauschal – kurzfristig wieder eingeführt werden kann.

Nach einem Regierungspapier, das der taz vorliegt, sollten von den Maut-Einnahmen im Jahr 2004 knapp 800 Millionen Euro für zehn Schienenprojekte ausgegeben werden. Dazu gehören der Ausbau von Güterstrecken rund um Hamburg und die Sanierung der Fernverkehrsstrecke von Berlin nach Dresden.

Am Wochenende will Rot-Grün nun die Verhandlungen über Schadenersatz mit dem Maut-Konsortium Toll Collect aufnehmen. Das Tochterunternehmen von DaimlerChrysler und Deutscher Telekom soll die kompletten Einnahmenverluste übernehmen. Laut Vertrag hat die Regierung jedoch nur Anspruch auf 7,5 Millionen Euro Strafe im Monat. „Aber es zeigt sich immer mehr, dass Toll Collect bei der Maut mehrfach böswillig getäuscht hat“, sagt Grünen-Verkehrsexperte Albert Schmidt. In diesem Fall könnte Toll Collect nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu Schadenersatz verpflichtet werden. „Die Regierung kann den Vertrag auch kündigen“, sagte Schmidt.

Toll Collect sah gestern jedoch für Ansprüche keinerlei Rechtsgrundlage. „Eine Kündigung ist keine Option“, sagte ein Sprecher. DANIEL SCHULZ

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