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Illegale Videoaugen

Die Linkspartei möchte die Polizeigesetze novellieren. Zwei in Auftrag gegebene Rechtsgutachten halten das Polizeirecht teilweise für verfassungswidrig – mindestens aber „renovierungsbedürftig“

VON KAI VON APPEN

Die Linksfraktion in der Bürgerschaft macht sich für eine grundrechtskonforme Novellierung der Hamburger Polizeigesetze stark. Das kündigte am Montag die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Christiane Schneider, bei der Vorstellung zweier Expertisen an. „Die Polizeigesetze orientieren sich nicht an den Prinzipien eines liberalen Rechtsstaates, sondern sind Ausdruck eines präventiven Sicherheitsstaates“, so Schneider, „sie führen in einen Polizeistaat.“

Vor vier Jahren hatte der CDU- Senat mit der Verabschiedung des neuen Gesetzes zum Schutz der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung (SOG) und dem Polizeigesetz zur Datenverarbeitung (PolDVG) gegen den Widerstand der Grünen eine neue Ära des Polizeirechts eingeleitet. Innensenator Udo Nagel (parteilos) rühmte sich damit, dass schärfste Polizeirecht Deutschlands geschmiedet zu haben. In einem internen Evaluierungsbericht kommt der schwarz-grüne Senat nun zum Ergebnis, dass sich die neue Polizeigesetzgebung bewährt habe.

Das sieht die Linke anders. „Das Gebot der Verhältnismäßigkeit wird in vielen Punkten überschritten“, befindet die Juristin Ulrike Donat in ihrem Gutachten. Wegen mangelnder Normenklarheit sei „Missbrauch Tür und Tor geöffnet“, für die Betroffenen mangele es an effektivem Rechtsschutz, um einen Eingriff später überprüfen zu können. Viele Vorschriften seien „renovierungsbedürftig, so dass sie auch der einfache Polizist versteht“, sagt Donat. Zudem müssten Vorschriften der Vorfeldüberwachung der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden. „Es muss auch Grenzen für Polizeibefugnisse geben“, so Donat.

Donats Kollege Carsten Gericke nennt in seinem Gutachten die Videoüberwachung und aufzeichnung sogar rechtswidrig. „Ich halte die Überwachung in Teilen für verfassungswidrig“, sagt Gericke. Denn die im PolDVG geregelte verdachtsunabhängige Videoaufzeichnung gerade auf St. Pauli und St.Georg dienten nicht der eigentlichen Gefahrenabwehr, sondern im wesentlichen der Strafverfolgung. Dies sei jedoch bereits in der Strafprozessordung geregelt – also Bundesangelegenheit – und falle somit nicht in die Kompetenz eines Landesgesetzgebers. Zudem sei die Frage „höchst problematisch“, ob für Menschen, die dort wohnen, „die Totalüberwachung ihres Lebens hinnehmbar“ sei oder einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht darstellte, da die Polizei „Persönlichkeits- und Bewegungsprofile“ erstellen könnte. Zudem ist es für Gericke kriminologisch fraglich, „ob die Videoüberwachung überhaupt etwas bewirkt“.

Die „uferlosen Polizeibefugnisse“ beeinträchtigten die „Kommunikationsgrundrechte und damit die funktionsbedingungen einer freiheitlich demokratischen Gesellschaft“, findet Schneider. „Wir wollen die Entwicklung aufhalten und umkehren“, so Schneider. „Viele Befugnisse müssten wieder eindeutig begrenzt, viele andere völlig gestrichen werden.“ Dazu gehören für die Innenpolitikerin die Videoüberwachung, automatische Kennzeichenerfassung, präventiver Lausch- und Spähangriff in Wohnungen, Rasterfahndung, polizeilich deklarierte Gefahrengebiete und Aufenthaltsverbote. Schneider: „Die tendenziell entgrenzte Staatsgewalt ist eine Gefahr für die Demokratie.“

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