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Asylberatung geht den Bach runter

Das Kölner Asylschiff schließt, neue Asylbewerber kommen zur Erstaufnahme nach Düsseldorf. Damit muss sich auch die Kölner Verfahrensberatung neue Aufgaben suchen. Dank ihrer Hilfe haben bis heute viele Flüchtlinge Asyl erhalten

Köln taz ■ Das weiße Containerschiff im Deutzer Hafen hat ausgedient: Knapp 300 Menschen gehen derzeit pro Monat an Bord. Vor zwei Jahren kamen in die Kölner Erstaufnahmestelle für Asylbewerber monatlich noch über 800. Doch Europas Grenzen sind dicht, immer weniger Flüchtlinge schaffen den Weg nach Deutschland und nach Köln. Deshalb macht das Asylschiff der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) zum Jahresende die Schotten dicht. Ab dem 15. November werden neu ankommende Asylbewerber nach Düsseldorf geschickt, auf dem Schiff in Deutz werden dann nur noch die „Altfälle“ abgewickelt.

Damit sind auch die Tage der Asylverfahrensberatung auf dem Schiff gezählt. Seit 1993 berät das Kölner Amt für Diakonie die Neuankömmlinge direkt vor Ort, erklärt das Prozedere des Asylverfahrens und bereitet die Flüchtlinge auf ihre erste Anhörung vor. Zur Zeit kommen die Menschen vor allem aus diversen afrikanischen Ländern sowie der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien, Russland und Irak. „Wir erklären ihnen, dass sie bei der Anhörung unbedingt eine detaillierte Geschichte ihrer Verfolgung erzählen müssen“, erzählt Martina Domke, Asylverfahrensberaterin und Leiterin des Fachdienstes Migration bei der Diakonie. Viele würden aus Scham oder höflicher Zurückhaltung zu wenig über ihr persönliches Schicksal erzählen. Dadurch hätten sie aber im weiteren Asylverfahren kaum noch Chancen, anerkannt zu werden. Denn später nachreichen könne man die Fluchtgründe nicht – das gelte bei den Entscheidern als unglaubwürdig.

Die diakonischen Berater versuchen daher zum Beispiel bei ihrer speziellen Frauenberatung herauszufinden, ob möglicherweise frauenspezifische Fluchtgründe eine Rolle spielen. „Vergewaltigungsgeschichten sind oft tabu“, sagt Domke. Aber wenn die Beraterin davon wisse, begleite sie die Frauen bei der Verhandlung und bestehe auf einer weiblichen Anhörerin.

„Wir sagen andererseits aber auch allen, dass erfundene Geschichten nicht funktionieren“, weil die Entscheider gute Detailkenntnisse von den jeweiligen Herkunftsländern hätten. „Eine Zeit lang hatten wir viele Iraner, die behauptet haben, bei den Studentenprotesten dabei gewesen zu sein“, erzählt Domke. Aber nicht alle hätten genaue und glaubwürdige Angaben über Ort, Zeit und Verlauf der Proteste machen können.

„Natürlich kommen auch viele hierher, die einfach ein ‚besseres Leben‘ suchen.“ In der Beratung würden junge Afrikaner auch schon mal fragen, wo denn die nächste Disco sei. „In solchen Fällen sagen wir den Leuten auch deutlich, dass sie wohl nicht lange hier bleiben werden und im Asylverfahren keine Chance haben“, erzählt die Beraterin.

Insgesamt hat die Diakonie allein in 2003 rund 1.200 Menschen auf dem Schiff beraten. Dabei sei man auch sehr erfolgreich gewesen, meint Domke. „Die Anerkennungsquote ist deutlich höher nach unserer Beratung.“ Flüchtlingsorganisationen forderten daher auch immer wieder, dass eine solche Beratung obligatorisch werden müsse für alle neuen Asylfälle. „Aber das will natürlich keiner bezahlen“, sagt Domke.

Immerhin gebe es in NRW in allen – derzeit noch vier – Erstaufnahmeeinrichtungen ein Beratungangebot. Auch in Köln kamen aber niemals alle Schiffsbewohner in den Genuss der Beratung, sondern nur diejenigen, die sie von sich aus aufgesucht haben. „Wir mussten uns außerdem mangels Dolmetscher auf die Fälle beschränken, deren Sprachen wir sprechen“, bedauert die Beraterin.

Trotzdem findet Domke ihre Arbeit im Rückblick „toll“: „Es ist schön, wenn man den Menschen beim Neuanfang helfen kann.“ Damit ist es nun bald vorbei. Zwar will die Diakonie ihre Asylberatung in Köln fortsetzen, aber Domke und ihre Kollegen werden dann vor allem Fälle bekommen, bei denen die erste Anhörung in Düsseldorf oder Bielefeld schon gelaufen ist oder der Antrag vielleicht schon das erste Mal abgelehnt wurde. „Wir begleiten die Menschen dann im Gerichtsverfahren“, beschreibt Domke ihre zukünftige Aufgabe: „Wir werden zu einem Reparaturbetrieb im Asylverfahren.“

Susanne Gannott

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