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i.g. farben pleiteKein Anlass zur Zufriedenheit

Spontan vermag die Nachricht von der Pleite der I.G. Farben Zufriedenheit auszulösen. Fast mag man sich wünschen, dass die so unvergleichlich eng mit Nazi-Deutschland verbundene Firma auch noch ihre Muttergesellschaft WCM in den Untergang ziehen möge – eine auf moralischer Entrüstung basierende Schadenfreude. Doch sie hätte ihre Berechtigung nur, wenn die I.G. Farben aufgrund gesellschaftlichen Drucks erloschen wäre – dies haben die verdienstvollen „Kritischen Aktionäre“ der I.G. Farben über viele Jahre verfolgt. Tatsächlich aber hat es nun der Nachkriegskapitalismus mit dem banalen Instrument der Zahlungsunfähigkeit geschafft, diesen Überrest des Auschwitz-Konzerns vom Kurszettel der Börse verschwinden zu lassen.

Kommentarvon DIETMAR BARTZ

Dass es dieses Ziel überhaupt gab, hängt mit einer Eigenart der I.G. Farben zusammen, die dieses Unternehmen von seinen drei großen Schwestern Bayer, Hoechst und BASF unterscheidet. Ursprünglich als „technische“ Abwicklungsgesellschaft zur Liquidation gegründet, haben sich die „I.G.-Liquis“, wie Börsianer sie fast zärtlich nannten, seit zwei Jahrzehnten zum besonderen Spekulationsobjekt entwickelt, weil sie Rechtsansprüche auf enteignete Vermögen hielten. Hierher kommt das wirtschaftliche Interesse ihrer alten und neuen Aktionäre, hier gründet der positive Bezug dieser Aktiengesellschaft auf ihrer furchtbaren Geschichte.

Dafür, dass die I.G. Farben jetzt so in den Schlagzeilen steht wie vor zwei Wochen die am Holocaust-Mahnmal mitarbeitende Degussa, gibt es einen Grund: ihre einstige gemeinsame Tochtergesellschaft, die Degesch, die das Gas Zyklon B für die KZs herstellte. Die Hilflosigkeit, die die Degussa im Umgang mit ihrer eigenen Geschichte an den Tag legt, zeigt, dass dieses Unternehmen nie aus dieser Diskussion herauskommen wird. Die allerdings hätte für die I.G. Farben spätestens mit der deutschen Einheit beendet werden müssen. Verzicht auf Entschädigung zugunsten der Staatskasse oder die Einbringung der Forderungen in den Fonds zur Entschädigung der Zwangsarbeiter – Wege zur Liquidation hätte es viele gegeben.

Stattdessen beteiligten sich Aktionäre, Manager, Banken und auch die Frankfurter Börse am Versuch, an der Geschichte der I.G. Farben zu verdienen, was immer zu verdienen war. Davon also, dass der Nachkriegskapitalismus mit seinen Insolvenzregeln den Schlussstrich gezogen hätte, kann nicht die Rede sein.

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