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Armee rüstet sich ab

Dreizehn Standorte in NRW sind von den Reformplänen der Bundeswehr betroffen. Steinbrück: Licht und Schatten für die Kommunen

VON ULLA JASPER

Allen Dementis der Landesregierung aus der vergangenen Woche zum Trotz hat Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) gestern in Berlin die Schließung von dreizehn Bundeswehrstandorten in Nordrhein-Westfalen bekannt gegeben. 9.000 militärische und zivile Dienstposten sollen dadurch wegfallen. Damit wird die Zahl des in NRW stationierten Personals von fast 48.000 auf 39.000 reduziert.

Am härtesten von den Schließungen betroffen ist das westfälische Coesfeld, wo gegenwärtig 1.500 Soldaten ihren Dienst leisten, während die Zahl der Stellen in Augustdorf, Höxter und Rheine durch Truppenverlegungen steigen wird. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) bezeichnete die Pläne deshalb als „Licht und Schatten“ für NRW. „Jetzt kommt es darauf an, die beschlossene Umstrukturierung sozialverträglich zu gestalten und für frei werdende Liegenschaften schnell neue Nutzungsmöglichkeiten zu finden“, so Steinbrück. Um betriebsbedingte Kündigungen ziviler Mitarbeiter zu verhindern, müsse der Anpassungsprozess Schritt für Schritt vollzogen werden. „Der Bundesverteidigungsminister hat hierzu seine Unterstützung zugesagt“, erklärte der Ministerpräsident.

Die CDU-Landtagsfraktion hat unterdessen gefordert, Kommunen und Gemeinden finanziell zu unterstützen, da NRW von den geplanten Standortschließungen besonders hart betroffen sei. „Die Umnutzung der brachliegenden Kasernen können die Kommunen aus eigener Kraft nicht leisten“, erklärte Bernd Schulte, baupolitischer Sprecher der Partei. Das Land müsse sich zudem dafür einsetzen, dass der Stellenabbau sozialverträglich gestaltet werde.

Die Grünen begrüßen die Schließungspläne: „Wir haben immer gefordert, dass die Ausgaben im militärischen Bereich gekürzt werden“, so Rüdiger Sagel, wirtschaftspolitischer Sprecher im Landtag. Er räumt jedoch ein, dass die Pläne für einige Standorte problematische wirtschaftliche Folgen haben könne. „Es müssen deshalb vor Ort Konversionskonzepte entwickelt werden, um perspektivisch Arbeitsplätze zu sichern“, so Sagel. Dass die Bundesregierung für die Konversion der Flächen und Gebäude zusätzliche Mittel bereit stellen könnte, hält allerdings auch der Münsteraner Bundestagsabgeordnete und sicherheitspolitische Sprecher der Grünen, Winfried Nachtwei, für unwahrscheinlich. Er verweist jedoch auf bereits existierende städtebauliche Förderprojekte sowie die Umsatzsteuererhöhung um zwei Prozentpunkte aus dem Jahr 1993. „Diese Einnahmen der Länder sind für Konversionsmaßnahmen vorgesehen“, so Nachtwei.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP, Gerhard Papke, spricht angesichts der Standortschließungen von einem „Aderlass für NRW“. Finanzhilfen für die betroffenen Gemeinden schloss er jedoch aus: „Solche Forderungen sind angesichts der Haushaltslage unseriös.“

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