stimmen zur us-wahl: „Das macht die Welt nicht sicher“
Zwar liegt das endgültige Ergebnis der US-Präsidentschaftswahl noch nicht vor. Aber auch Berlins Politiker rechnen nicht mehr damit, dass George W. Bushs Herausforderer John Kerry die Wahlen gewinnen könnte. „Die Sache ist völlig klar“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Martin Lindner: „Bush konnte nicht nur in Ohio, sondern auch im Kongress und in der Gesamtbevölkerung die Mehrheit gewinnen.“ Lindner rief die Berliner auf, sich auf vier weitere Jahre Bush einzustellen. Er persönlich ist vom Wahlausgang nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Wirtschaftspolitisch stehe ihm Bush näher als Kerry. Und auch wenn der FDP-Politiker den US-Einsatz im Irak inzwischen als Fehler ansieht, rechnet er mit einer entspannteren US-Außenpolitik in der zweiten Amtsperiode. Dies sei bei amerikanischen Präsidenten „traditionsgemäß“ immer so gewesen, so Lindner. Sorge bereitet ihm hingegen die zunehmende antiamerikanische Stimmung in Deutschland. Habe sich die „Antistimmung“ bisher auf die Person Bush konzentriert, könnte nach dem eindeutigen Bekenntnis der Amerikaner für Bush die Stimmung leicht kippen und zu einem generellen Antiamerikanismus werden. „Da muss die Bundesregierung dringend gegenarbeiten“, sagte Lindner.
Diese Gefahr sieht die innenpolitische Sprecherin der PDS, Marion Selig, nicht. Auch vorher sei vielen Berlinern bekannt gewesen, dass nicht alle US-Amerikaner so liberal eingestellt sind wie die, die in Berlin leben, sagte die PDS-Politikern. Trotzdem möchte sie aus ihrer „tiefen Enttäuschung“ keinen Hehl machen. Das Wahlergebnis werde die Welt nicht gerade sicherer machen, so Selig.
Der Abgeordnete Oliver Schruoffeneger (Bündnis 90/Die Grünen), der selbst vor kurzem einige Zeit in den USA verbrachte, befürchtet gar, dass nun der nächste militärische Einsatz bevorsteht – im Iran. Zudem befürchtet er zunehmende Spannungen in den USA. Schruoffenegers Eindruck: „Das Land ist absolut gespalten.“ Ein möglicher Bush-Sieg würde die Kluft noch vertiefen.
Für CDU-Fraktionschef Nicolas Zimmer steht fest: „Amerika hat in hohem Maße demokratische und ordnungsgemäße Wahlen erlebt.“ Zimmer ist zuversichtlich, dass die Amerikaner am Ende das Ergebnis akzeptieren und gemeinsam hinter ihrem Präsidenten stehen werden.
Die Senatskanzlei wollte die Wahlen nicht abschließend bewerten. Senatssprecher Günter Kolodziej geht davon aus, dass „die traditionell sehr guten Beziehungen zwischen Berlin und den USA auch unter dem künftigen Präsidenten fortgesetzt werden“. FLEE
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