herr tietz macht einen weiten einwurf: Kaiserliche Schmerzen
Fritz Tietz über Deformationen an Beckenbauers Beckenbau und andere ziemlich dümmliche Verletzungen
Fritz Tietz ist 45 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.
Ausgerechnet da, wo der Kaiser barfuß hingeht, hat es ihn geschrägt: Franz Beckenbauer, 59, war neulich bei dem Versuch, seinen heimischen Sanitärbereich zu verlassen, mit nassen Füßen ausgerutscht und der kompletten Länge nach hingeschlagen. Als Folge dieses Badezimmer-Sturzes diagnostizierte der Arzt schwere Prellungen am Rippen- und Beckenbau Beckenbauers. Die Lichtgestalt konnte deshalb anschließend „weder vernünftig sitzen noch stehen oder liegen“. Mit Bild telefonieren ging aber noch: „So weh hat’s selten getan“, meldete er dem kaiserlichen Verlautbarungsorgan.
Fraglich freilich, ob des Kaisers Aua nur von den körperlichen Blessuren herrührte. Schließlich kann es durchaus auch die eigene Doofheit sein, die einem Menschen Pein bereitet. Denn wie sagt man schon mal zu einem, der sich ganz besonders blöd anstellt: Du müsstest eigentlich vor Schmerzen schreien.
In Fußballerkreisen gelten jedenfalls Badezimmer-Unfälle als die allerdümmsten. Durchtrainiert und ordentlich durchsaftet übersteht da einer alle Härten der täglichen Trainingsfron und des Gegners Tritte, um sich dann ausgerechnet beim Duschen von einem Stück Seife foulen zu lassen, wie es dem Barnet-Spieler Lee Hodget tatsächlich einmal passierte (Leistenzerrung). Auch Oliver Reck wurde ein herunterfallendes Pfund Seife zum Verhängnis, als es ihn samt Schale am Kopf traf, worauf dessen Haut blutig platzte. Noch dämlicher verletzte sich Spaniens Nationaltorwart Santiago Canizares, dem kurz vor der WM 2002 im Bad erst die After-Shave-Flasche aus den Flossen glitschte. Dann trat er in deren Scherben und zerfetzte sich eine Fußsehne so gründlich, dass er für die gesamte WM ausfiel. Auf ewig mit dem Namen Dirk Dammann wird dessen Jochbeinbruch verbunden bleiben, den sich der damals bei St. Pauli rackernde Schlacks in der heimischen Badewanne zuzog.
Kuriose Verletzungen passieren Fußballern jedoch nicht nur in Badezimmern. In Christian Eichlers „Lexikon der Fußballmythen“ sind mit Wohnstube, Sofa, Küche, Bett, Golfplatz, Garten, Kuhweide oder Mülltonne etliche weitere Unglücksorte aufgelistet. Auch der Mannschaftsbus erwies sich für mindestens zwei Fußballer als gefährliche Verletzungsquelle. Zum einen für Stefan Kuntz, dem beim Bus-Ausstieg dreifach ein Band riss, zum anderen für den Bayernspieler Franz Michelberger, der beim Bus-Einstieg von einem Kamel (!) gegen die Bustreppe gedrückt wurde, sodass er sich das Knie prellte.
Als weitere folgenschwere Fremdeinwirkungen wurden u. a. bekannt: Hundepisse auf Küchenfliese (fünf Monate Pause nach Ausrutschen), ein Krug mit Salatsauce (zehn Wochen Pause nach dem Versuch, diesen mit dem nackten Fuß vor dem Zerschellen zu bewahren) oder ein Schmerzzäpfchen, das sich der Brasilianer Ramalho irrtümlich oral einführte (drei Tage strenge Bettruhe). Nicht zu vergessen natürlich jene automatisch ausfahrende Autoantenne, die sich einst Charles Akonnor ins Nasenloch bohrte. Die anschließende Behandlung mit dem blutstillenden Mittel Supranenin hätte ihn, da das Mittel auf der Dopingliste steht, um ein Nasenhaar um den nächsten Spieleinsatz gebracht. Dank einer DFB-Ausnahmeerlaubnis durfte er dann aber doch auflaufen.
Nie mehr irgendwo auflaufen können dagegen die Anwärter auf den Darwin-Award, ein jährlich vergebener Preis für die dämlichste Art, sich selbst zu entleiben. 1998 wurde dafür ein australischer Basketballspieler nominiert, der sich nach einem gelungenen Wurf übermütig an den Korbreifen hängte, worauf die Garagenmauer, an dem der Korb angebracht war, zusammenbrach und den Spieler unter sich begrub. Begraben musste übrigens nach seinem Bad-Ausrutscher auch Franz Beckenbauer, nämlich seinen für Montag vorgesehenen Plan, der Auslosungszeremonie zum Confederation-Cup beizuwohnen. Auch die anschließende Fifa-Besichtigung des Münchner Stadion-Neubaus ließ er wegen der „höllischen Schmerzen“ sausen. Von einem Mann, der nur 34 Jahre zuvor das Jahrhundertmatch gegen Italien trotz schwer verletzter Schulter bis zur 120. Minute durchspielte, hätte man allerdings ein weniger mädchenhaftes Verhalten erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen