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CONTRA: DER 3. OKTOBER IST ALS NATIONALFEIERTAG VERZICHTBARNur Sonntagsreden

Einen Tag nur hat es gedauert, schon hat Gerhard Schröder der Mut verlassen. Offenbar hat ihn die Vorstellung geängstigt, dass ihn die Union bis zum Ende seiner Kanzlertage als „Vaterlandsverräter“ beschimpfen könnte. So zog er den Vorschlag zurück, den 3. Oktober als Feiertag abzuschaffen. Schade. Das wäre unpopulär, aber richtig gewesen.

Die Deutschen leiden nicht an Freizeitmangel. Die Streichung eines arbeitsfreien Tags ist jedenfalls eher hinzunehmen als die Abschaffung des Kündigungsschutzes. Ein Verzicht auf diesen Feiertag hätte auch den Gewerkschaften geholfen, den Vorwurf des Besitzstandswahrertums zu entkräften. Diesen Schuh hätten sich viel eher Union und Kirchen anziehen müssen, die auf Feiertagen beharren, die nur noch für Wallfahrer bedeutsam sind. Die Bundesregierung aber kann nur zwei Feiertage allein streichen: den 3. Oktober und den 1. Mai. Der 3. Oktober steht für das formale Zustandekommen der staatlichen Einheit. Dieses Ziel ist erreicht. Demgegenüber steht der 1. Mai für die Arbeitnehmerrechte. Die sind in Gefahr. Schröders Priorität war deshalb richtig.

Und auch wenn viele es behaupten: Die Abschaffung des 3. Oktober als Feiertag wäre kein Affront gegenüber den Ostdeutschen. Das Datum steht ja nicht für die friedliche Revolution. Er steht für Helmut Kohl und dient einzig dem Zweck, dass seine Nachfolger an diesem Tag Engagement für die Einheit heucheln können. Etwas anderes ist bislang an diesem Feiertag nicht passiert. Das viel beschworene Volk hat ihn nicht angenommen. Selbst der Muttertag wird von den Bürgern hingebungsvoller begangen. Einen echten, von der Gesellschaft akzeptierten, identitätsstiftenden Nationalfeiertag wie die Franzosen oder US-Amerikaner haben die Deutschen eben nicht. Die Geschichte des deutschen Nationalstaats ist bekanntlich schwieriger, abgründiger – der 3. Oktober wird nie mehr als ein schlechter Ersatz für etwas sein, das die deutsche Geschichte eben nicht hergibt. Salbungsvolle Reden könnten Köhler & Co. ebenso gut am ersten Sonntag im Oktober halten – mehr als Sonntagsreden sind es ja sowieso selten. LUKAS WALLRAFF

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