Kitachaos in Berlin: Viel Ärger war vermeidbar
Nur noch zwölf Jahre bis zum Abitur, ein einheitlicher Zehnte-Klasse-Abschluss, Horte an die Schulen: Gute Ideen, die in den neuen Bundesländern und im östlichen Berlin vielen bekannt vorkommen dürften. Der Jubel bei Schülern, Eltern und Lehrern hält sich jedoch in Grenzen. Stattdessen gibt es Proteste gegen Kitaschließungen und den Weggang der vertrauten Erzieherin. Vermeidbarer Ärger?
Kommentar von Stefan Liebich
Wer so in die Strukturen eingreift, wie es der rot-rote Senat tut, muss mit Gegenwind rechnen. Mehr Sorgfalt bei der Vorbereitung, mehr Zeit für die Umsetzung und stärkere Einbeziehung der Betroffenen hätten Kritik reduziert. Doch auch Blockaden mancher Bezirke schaden letztlich den Kindern. Sie sind zuständig für die Umsetzung der Reformen, zeigen sich manches Mal aber eigensinnig.
Doch noch ist es nicht zu spät. Viele Vorhaben stehen auf Bildungssenator Bögers Agenda: Die weitere Übergabe städtischer Kitas an freie Träger etwa, aber auch die Einrichtung städtischer Kitaeigenbetriebe, die unter gleichen Bedingungen wie jene in freier Trägerschaft arbeiten sollen. Solch sinnvolle Pläne sorgen für bessere Betreuung. Vielleicht wagt sich Rot-Rot auch noch an den nach Pisa konsequenten nächsten Schritt: Gemeinsam lernen bis zur zehnten Klasse!
All das bedeutet Veränderung von Strukturen und wird zu Widerspruch führen. Diesen müssen wir ernst nehmen: Betroffene anzuhören und einzubeziehen, sollte zum politischen Selbstverständnis gehören.
STEFAN LIEBICH (31) ist PDS-Landes- und -Fraktionsvorsitzender
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