IN DER ELFENBEINKÜSTE DROHT EINE WIEDERHOLUNG VON RUANDA: Tödliches Warten
Der Resolutionsentwurf, den der UNO-Sicherheitsrat auf Initiative Frankreichs verabschiedet hat, ist ein zu schwaches Signal an die Adresse der Unruhestifter in der Elfenbeinküste. Sanktionen soll es nur geben, falls Regierung und Rebellen den Friedensprozess nicht vor dem 1. Dezember wiederbeleben. Ursprünglich hatte Frankreich einen Text durchsetzen wollen, der der Elfenbeinküste sofortige Sanktionen androht. Doch Pakistan und besonders China, das dem Regime von Laurent Gbagbo erst kürzlich Waffen verkauft hat, bestanden auf einem abgeschwächten Text.
Erst in 20 Tagen wird also über ein Waffenembargo entschieden werden. Diese Frist soll der Afrikanischen Union unter Führung des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki Vermittlungen ermöglichen, um einen Ausweg aus der Krise zu finden. Das aber wird nicht gelingen, wie die Ereignisse vor Ort klar zeigen. Von Tag zu Tag verschlimmert sich die Situation. Gbagbos Anhänger ignorieren seinen am Sonntag verkündeten Aufruf zur Ruhe und lieferten sich vorgestern Kämpfe mit der französischen Armee, die das Feuer eröffnet hatte. Die Bilanz: etwa 50 Tote.
In Abidjan werden weiter Menschen gejagt, nicht nur Franzosen und Weiße, sondern auch Ivorer oder andere Afrikaner, die nicht zu den Ethnien gehören, unter denen Gbagbo seine „Patrioten“ rekrutiert. Zu Recht befürchten viele eine Wiederholung des ruandischen Dramas. Denn wie in Kigali verbreiten auch die Machthaber der Elfenbeinküste eine Ideologie des Hasses auf die anderen.
Angesichts dieser Situation eine Wiederaufnahme des Friedensprozesses zu predigen reicht nicht aus. Es muss darum gehen, die für die Pogrome Verantwortlichen politisch auszuschalten – genauso wie die Milizen, die das Land mit Terror überziehen. Erst dadurch können Bedingungen geschaffen werden, die die Suche nach einer Lösung ermöglichen. Das aber erfordert ein stärkeres Engagement der UNO. Es wäre gefährlich, die Franzosen jetzt allein zu lassen. Die Aufgabe ist gefährlich. Doch es ist unerlässlich, sie rasch anzugehen.
FRANÇOIS MISSER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen