: Sensible Abschiebung in der Pause
Polizei holt zwei Kinder aus der Schule, um sie mit ihrer Mutter direkt in das Kosovo abzuschieben. Mitarbeiterin der Härtefallkommission bezeichnet das als unerträglich
Gestern Morgen sind erneut zwei Kinder direkt von der Polizei aus der Schule zur Abschiebung gebracht worden. Die siebenjährige Mimaza Esufi und ihr elfjähriger Bruder Mergim wurden zwischen 9 und 10 Uhr von Zivilbeamten aus der Humboldthain-Grundschule in Mitte abgeholt.
Die allein erziehende Mutter der beiden war da bereits in Polizeigewahrsam. Nach Angaben ihres Anwalts wurde sie mit ihren insgesamt drei Kindern anschließend von Düsseldorf ausgeflogen. „Um kurz nach 12 ging der Flug nach Priština“, berichtet Anwalt Eckhart Wähner.
Willi Büsing von der Regionalen Arbeitsstelle für Ausländerfragen (RAA) arbeitet momentan an der Humboldthain-Grundschule. Dort habe große Aufregung unter Lehrern und Schülern geherrscht. Er befürchtet, dass kaum noch eine Familie ihre Kinder zur Schule schicke, „wenn für sie die Gefahr besteht, dass ihre Kinder aus der Schule heraus in Abschiebegewahrsam genommen werden können“. Die Schulleitung selbst wollte sich zu dem Polizeieinsatz nicht äußern.
Es sei „unerträglich, dass die Kinder im laufenden Schuljahr aus der Schule genommen worden sind“, kritisiert Traudel Vorbrot von der Härtefallkommission den Vorfall. Dabei habe es eine Zusage von Innenstaatssekretär Ulrich Freise (SPD) gegeben, dass Kinder nicht aus den Schulen herausgeholt werden.
Henrike Morgenstern, Sprecherin der Innenverwaltung, betont, der Fall sei „so sensibel wie möglich“ und in der Pause abgewickelt worden. Es ließe sich nicht immer vermeiden, dass die Kinder aus der Schule geholt würden. Frau Esufi sei seit Anfang des Jahres ausreisepflichtig und mehrfach zum Verlassen des Landes aufgefordert worden.
Ob die Familie unter die ab Januar 2005 geltende Härtefallregelung falle, ist laut Anwalt Wähner nicht überprüft worden. Danach kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn sich eine von der Landesregierung eingerichete Härtefallkommission aus dringenden humanitären oder persönlichen Gründen dafür ausspricht. „Dazu zählt beispielsweise der Grad der Integration, die Eingliederung in einen Arbeitsprozess oder absehbare Unabhängigkeit von Sozialhilfe“, so Vorbrot. ULRIKE LINZER
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