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Ein lauer Auftritt von Buttigliones Nachfolger

Der ehemalige italienische Außenminister Frattini zeigt sich bei seiner Anhörung vor dem Rechtsausschuss des EU-Parlaments als Mann ohne Überzeugungen. Für die Abgeordneten ist das kein Problem. Sie reagieren euphorisch

BRÜSSEL taz ■ In gewisser Weise sei Franco Frattini ja das ganze Gegenteil von Rocco Buttiglione, bemerkte die grüne Fraktionsvorsitzende Monica Frassoni gestern nach der Anhörung ihres italienischen Landsmannes vor dem Rechtsausschuss. Bei ihm wisse man so gar nicht, wo man dran sei. Dabei lachte sie verlegen. Der Satz klingt ein bisschen so, als könne es kein Kandidat für das Amt des Innen- und Justizkommissars dem Europäischen Parlament recht machen.

Das Gegenteil ist wahr. Die Abgeordneten sind offensichtlich sehr erleichtert darüber, dass ein Kompromiss zwischen Rat, Parlament und dem Kommissionspräsidenten Barroso gefunden werden konnte. Das Selbstbewusstsein, mit dem sie Ende September die neue Kommission verhinderten, schien ihnen im Verlauf der folgenden Wochen selbst unheimlich zu werden. Die euphorischen Reaktionen quer durch fast alle Fraktionen auf Frattinis lauen Auftritt zeigen, dass sie morgen wahrscheinlich auch den Papst wählen würden, wenn er Ambitionen auf das Amt erkennen ließe.

Der ehemalige italienische Außenminister Frattini bewegte sich glatt wie ein Aal und ließ sich bei keiner einzigen Frage an seinen Überzeugungen oder seinen bisher in der italienischen Regierung vertretenen Positionen packen. Da war der alttestamentarisch polternde Buttiglione ein anderes Kaliber; seine Überzeugungen mag man nicht teilen, aber er hat wenigstens welche. Frattini hingegen weigerte sich, die Aussagen, über die sein Landsmann gestolpert war, zu kommentieren. Er lehnte es auch ab, zu den Massenabschiebungen seiner Regierung Stellung zu nehmen. Bemerkenswert war nur sein Bekenntnis, Menschen ohne Papiere seien auch Menschen – dabei lachte er, als traue er dem Wahrheitsgehalt dieses Satzes nicht so ganz.

Der gute Wille der Abgeordneten, der Frattini mühelos durch beide Anhörungen trug, kam auch dem Ungarn Laszo Kovacs zugute. Bedenkt man, dass er Ende September als Anwärter auf das Amt des Energiekommissars durchgefallen war, zeigte er sich gestern bemerkenswert gelassen. Die Anhörung damals sei „ein Albtraum“ gewesen, bekannte Kovacs heiter. Beim zweiten Mal hatte Kovacs sein Dossier – er soll sich in der neuen Kommission um Steuern und Zölle kümmern – deutlich besser parat. Steuerangleichungen hält er innerhalb seiner Amtszeit nicht für politisch durchsetzbar. Außerdem habe die Erfahrung in Ungarn gezeigt, dass niedrige Steuersätze nicht immer ausschlaggebend für Investitionen seien. Die Qualifizierung der Arbeitskräfte und mögliche Absatzmärkte spielten eine viel größere Rolle. Gelassen reagierte Kovacs auf Fragen nach seiner politischen Vergangenheit: „Die Tatsache, dass jemand in der kommunistischen Partei war, ist keine Sünde.“

Völlig unbelastet konnte der lettische Kandidat Andris Piebalgs den Abgeordneten gegenüber treten. Er soll nun an Stelle von Kovacs das Energieressort leiten und zeigte sich gut vorbereitet und klar in seinen Aussagen. Sogar der grüne Energieexperte Claude Turmes lobte ihn: „Wir haben nun einen Kandidaten, der wenigstens weiß, wo die politischen Prioritäten im Energiebereich liegen.“ Der Lette müsse aber noch beweisen, dass er keine Marionette der Kohlen- und der Nuklearlobby sei, mahnte Turmes.

DANIELA WEINGÄRTNER

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