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Ach, Regenbogen

Hautfarbe und Geschlecht sind nur Fußnoten: Condoleezza Rice und die politische Korrektheit

Als Condoleezza Rice 1989 von ihrem Posten im Sicherheitsausschuss der Regierung George H. W. Bush aus Washington zurück an die Universität ging, galt ihre Alma Mater Stanford als eine der radikalsten Universitäten des ganzen Landes. Stanford bei San Francisco war das Epizentrum des seinerzeit an amerikanischen Universitäten tobenden Kulturkampfes um politische Korrektheit in Fragen von Hautfarbe und Geschlecht. Von Jesse Jacksons Rainbow Coalition angeführt, marschierten Studenten über den Campus und skandierten antieurozentrische Parolen wie „Hey Ho – Western culture’s got to go!“.

So lag der Verdacht nicht fern, den politische Gegner und Konkurrenten gegen Rice vorbrachten, dass sie den Posten als Provost der Universität nur zugespielt bekam, weil sie eine schwarze Frau ist. Der Verdacht verärgerte Rice zutiefst und sie tat während ihrer Amtszeit alles, um ihn zu zerstreuen. Sie warf die höchstrangige Latina der Universität hinaus und provozierte damit einen Hungerstreik unter Latino-Studenten. Sie strich Mittel für Minderheitengruppen zusammen und zog sich den Zorn von Akademikerinnen zu, die sich von Rice Geschlechtersolidarität versprochen hatten. So weit ging Condoleezza Rice’ Dickhäutigkeit, dass das US-Arbeitsministerium eine Untersuchung gegen Rice einleitete. Vorwurf: Diskriminierung von Frauen und Minderheiten.

In den Kommentaren der großen amerikanischen Tageszeitungen zu ihrer Berufung als Außenministerin sind Hautfarbe und Geschlecht nun mehr eine Fußnote – im Vordergrund steht ihr enges Verhältnis zu George Bush und die Art, wie Bush mit Rice und Gonzalez sein neues Kabinett durch enge Vertraute bestückt. Die linken Kommentatoren in den Web-Blogs weisen darauf hin, wie Rice sich unter Eid vor der 9/11-Untersuchungskommission gewunden und wie sie die Präsidentenlüge über irakische Massenvernichtungswaffen mitgetragen hatte. Auch hier spielen geschlechtliche oder ethnische Zugehörigkeit keine Rolle.

Rice taugte noch nie als Identifikationsfigur der schwarzen oder der feministischen Bewegung. Ihr Elternhaus in Birmingham, Alabama gehörte in den 50er-Jahren zur seinerzeit winzigen schwarzen Mittelschicht; der Vater war presbyterianischer Prediger und Seelsorger an derselben Schule, an der ihre Mutter als Lehrerin arbeitete. „Im Streit innerhalb der schwarzen Bewegung zwischen denen, die für soziale Veränderung kämpfen wollten, und denen, die an das individuelle Fortkommen in der weißen Gesellschaft glaubten, waren die Rice’ eindeutig auf der Seite derer, die sich um sich selbst kümmerten“, schrieb Nicolas Lehmann im vergangenen Jahr in einem Feature über Rice im New Yorker.

Als Rice’ Vater 1918 mit nichts als einem Sack Baumwolle als Schulgeld nach Tuscaloosa zog, um ans College zu gehen, fand er schnell heraus, dass es Stipendien für Schwarze am einfachsten am presbyterianischen Priesterseminar zu ergattern gibt. „Seitdem“, so Condoleezza Rice, „sind wir eine Akademikerfamilie und presbyterianisch.“

Als sich während Rice’ Collegezeit vor 30 Jahren in Denver ein rassistischer Professor über die überlegene Intelligenz der weißen Rasse ausließ, stand Rice auf und entgegnete ihm: „Lassen Sie mich Ihnen dieses erklären: ich spreche Französisch und Russisch, ich spiele Bach, ich bin in Ihrer Kultur besser als Sie.“ Für Leute, die ihre Hautfarbe oder ihr Geschlecht als Erklärung für ihr soziales Zurückbleiben verwenden, hat sie nur wenig Verständnis. SEBASTIAN MOLL

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