schavan vs. oettinger: Zwei Sorten Schwarz
Die Entscheidung zwischen Annette Schavan und Günther Oettinger war spannend, auch wenn sie am Ende deutlich ausfiel. Die Urwahl, in der sich schließlich Oettinger durchsetzte, wurde weit über die Grenzen des Südwestens hinaus verfolgt. Das hat – neben dem Wettbewerbscharakter des Prozedere – nur vordergründig politische Gründe.
KOMMENTAR VON ROBIN ALEXANDER
Schavan gegen Oettinger – diese Konkurrenz von Personen wurde kulturell aufgeladen: Auf der einen Seite die nach Baden-Württemberg eingewanderte, moderne, kinderlose Überzeugungspolitikerin, die für die Union die Großstadtmilieus erobern kann. Auf der anderen Seite der provinzielle, konservative, patriarchalische Machtpolitiker, der sich auf Schwarzwaldbauern stützt. Einige Beobachter meinten gar, in Baden-Württemberg falle eine Vorentscheidung über den weiteren Weg der CDU: Mit selbstbewussten Frauen wie Schavan und Angela Merkel in die aufgeklärte Zukunft oder mit machtbewussten Männern wie Oettinger und Koch zurück ins Reaktionäre. Dieses Bild ließ sich wegen seiner grellen Gegensätze medial gut verwerten und schloss zudem gut an im linksliberalen Milieu verbreitete Vorstellungen an. Mit der Realität hatte es nichts zu tun.
Oettinger oder Schavan – das war in Wirklichkeit nicht mehr als eine Konkurrenz von zwei Funktionären, die dem gleichen Typus angehören. Beide betreiben ihre Politik und ihre Karrieren eher aus Intellekt als aus Instinkt. Beide glauben an Werte, aber auch, dass sich ihr Ausdruck ständig verändert. Beide wissen, wann man von der Parteilinie abweichen darf und wann nicht. Beide gelten als intrigant. Und: Beide sind geradezu klassische konservative Modernisierer. Das Lebensmodell Annette Schavans mag abweichend sein von dem Günter Oettingers. Ihre Politik war es bisher nicht.
Aber ist es nicht schon ein Wert an sich, nicht ausschließlich von Männern, sondern – vereinzelt – auch von Frauen regiert zu werden? Und wäre eine Kanzlerin nicht in der Tat ein Fortschritt? Mag sein. Aber spätestens bei der Hoffnung, damit sei automatisch eine andere, bessere Politik verbunden, kippt das Argument. Eine Persönlichkeit wird damit auf ihr Geschlecht reduziert. Hier wird der gute Wille fast zur Beleidigung.
Tatsächlich sprach einiges dafür, Schavan statt Oettinger zu wählen. Und mancher mag finden, einiges spräche 2006 für Angela Merkel. Herkunft, Geschlecht und Familienstand sind das allerdings nicht.
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