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Feindliche Übernahme

Sorge um Unabhängigkeit von Erfinder-Stiftung: Handelskammer greift nach Förderinstitution. IG-Metall kritisiert neue Anlaufstelle für Mittelstand

von EVA WEIKERT

Die Handelskammer spricht von Erfolg, andere sind hingegen sauer: Diese Woche gab Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) den Startschuss für das Mittelstandsförderungsinstitut aus Innovationsstiftung und Förderbanken. Ab Januar sitzt der städtische Unterstützer von Forschungsideen und Erfindungen unter einem Dach mit Beteiligungsgesellschaft (BTG) und Bürgschaftsgemeinschaft (BG), hinter denen Kammern, Verbände und Banken stehen. Zugleich erlaubt eine neue Stiftungsklausel die gemeinsame Geschäftsführung. Den Gewerkschaften im Kuratorium macht das Sorgen. „Die Handelskammer greift nach der Stiftung“, warnt IG-Metall-Chef Frank Teichmüller. „Mit der Förderung von Hochschulprojekten wäre es dann vorbei.“

Für Teichmüller ist der Einzug bei BG und BTG klares Indiz für den Willen des Senats, die Stiftung der Wirtschaft zu kredenzen. Der 1996 von der Stadt mit damals 100 Millionen Mark ausgestattete Förderer hilft kleinen und mittleren Unternehmen sowie Hochschulen bei der Entwicklung neuer Produkte. Zu den spektakulärsten gehört eine elektronische Nase zum Nachweis von Geruchsbelästigung.

Teichmüller sagt: „Die Handelskammer will das Geld selbst verteilen.“ Dafür spreche der „sinnlose Umzug“. So ist die Adresse auch nach Aussage der Wirtschaftsbehörde nur eine „Überbrückung“ bis 2007. Dann läuft der Mietvertrag aus, und es soll eine neue Immobilie für die Ansiedlung aller Förderprogramme des Landes gefunden werden. Bis dahin aber muss die Stiftung jährlich 25.000 Euro Miete zusätzlich berappen und Umbaukosten von 40.000 Euro, wie Teichmüller vorrechnet: „Da wird Geld rausgeschmissen für eine erfolglose Sache.“

Uldalls Behörde sieht das anders. „Der Umzug lohnt sich“, sagt Sprecher Christian Saadhoff, da wegen der Neuwahlen die Gründung eines Wirtschaftszentrums unsicher sei. Es handele sich um eine „rein logistische“ Anbindung. Dass die Handelskammer nach mehr Einfluss strebt, gibt ihr Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz indes offen zu: „Wir haben einen moralischen Anspruch.“ Bisher sei Geld in „anwendungsfernen Hochschulprojekten“ wie dem Existenzgründerprogramm für Uni-Absolventen (hep) „versenkt“ worden, die wenig mit Mittelstandsförderung zu tun hätten. „Das muss sich ändern und in der Geschäftsführung widerspiegeln.“

Auf Antrag der CDU-Fraktion wurde nun das Stiftungsgesetz erweitert, so dass eine gemeinsame Geschäftsführung mit den kammernahen Kapitalgebern etabliert werden kann. „Inhaltlich falsch“, moniert Teichmüller: „Banker sind nicht kompetent, Tüftler bei der Ideenentwicklung zu beraten.“

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