: Altlasten drücken Bilanz
Personalversammlung bei „pflegen & wohnen“ geißelt „Insolvenzlüge“. Privatisierung beschlossene Sache
Von der Forderung der Gewerkschaft ver.di und dem Personalrat „erst sanieren, dann privatisieren“ kann keine Rede sein. Der städtische Träger „pflegen & wohnen“ (p&w), Betreiber von 14 Pflegeheimen in Hamburg, soll nach dem Willen des CDU-Senats unverzüglich verscherbelt werden. Die Pflegeheime in Lokstedt und Groß Borstel werden geschlossen und 200 Jobs entfallen. „Die Beschäftigten sind bedrückt, da es in eine unsichere Zukunft geht“, sagte p&w-Personalrat Bernd Ricanek nach der gestrigen Personalversammlung. Der Träger betreut mit 1.500 Vollzeitkräften 3.150 pflegebedürftige Menschen.
Besonders die Art und Weise, wie mit der „Insolvenzlüge“ der Verkauf verkauft werde, löst Befremden aus. „Wenn dem so wäre, hätte sich die zuständige Senatorin seit drei Jahren der Insolvenzverschleppung schuldig gemacht“, kontert Ricanek. Vielmehr seien die finanziellen Probleme – wie beim Landesbetrieb Krankenhäuser und der Uni-Klinik Eppendorf – staatliche Altlasten. So belasten Pensionsansprüche, die zum Teil vor 1997 entstanden sind, als p&w noch Bestandteil des öffentlichen Dienstes war, mit jährlich neun Millionen Euro die Bilanz der heutigen „Anstalt des öffentlichen Rechts“.
Die SPD mahnt daher zur Behutsamkeit. „Nun muss es darum gehen, bei der Privatisierung äußerst sensibel mit den oft hochbetagten Pflegebedürftigen umzugehen und betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden“, sagt die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Petra Brinkmann. „Wer zwei Pflegeheime in Hamburg schließt, muss wissen, wie groß der Bedarf überhaupt ist“, so Brinkmann. „Die Sozialsenatorin weiß dies aber nicht, weil sie in den letzten drei Jahren keinerlei Pflege-Planung vorgelegt hat.“ KVA
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