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Weihnachtsbescherung für Kongo

Geberzusagen über 3,9 Milliarden Dollar begeistern die Demokratische Republik Kongo. Die erste Milliarde fließt schon Januar 2004. Nun kann der Streit um das Geld beginnen

PARIS/BERLIN taz ■ Die Stimmung wurde immer besser während der Geberkonferenz der Weltbank für die Demokratische Republik Kongo. Das lag nicht nur daran, dass das Treffen in Paris Ende letzter Woche mit Zusagen von über 3,9 Milliarden Dollar zu Ende ging, was die Ressourcen des kongolesischen Staates verdoppelt. Vor allem die angereisten kongolesischen Journalisten waren auch begeistert von Otto Rühl, dem deutschen Weltbankvertreter in Kinshasa, der sich zuweilen in der Landessprache Lingala ausdrückte und damit große Heiterkeit auslöste.

3,9 Milliarden Dollar sagten die Geber für den Zeitraum 2004 bis 2006 zu. Das Geld soll vor allem dem Wiederaufbau von Infrastruktur dienen, besonders im kriegsverwüsteten Osten des Landes. Dazu kommen dreistellige Millionensummen von noch nicht ausgezahlten Geldern des bestehenden Weltbankprogramms PMURR (Multisektorielles Notprogramm für Wiederaufbau und Rehabilitation).

Insgesamt kriegt der Kongo von der Weltbank im Jahr 2004 eine Milliarde Dollar, im Jahr 2005 1,2 Milliarden – 650 Millionen waren es im laufenden Jahr. Die Tranche für 2004 soll, wie Haushaltsminister François Muamba am Mittwoch in Kinshasa erklärte, bereits in der ersten Monatshälfte des Januar ausgezahlt werden. Rund 70 Prozent der Gelder gehen in Straßenbau, Wasser- und Stromversorgung; der Rest dient der Entwicklung der Landwirtschaft und der Bereiche Gesundheit und Bildung.

Aber damit diese Summen vernünftig verwendet werden können, sind gewisse Bedingungen zu erfüllen, erkennt Kongos Finanzminister André-Philippe Futa an: Vor allem die Demobilisierung der einstigen verfeindeten Armeen des Kongo und die Reintegration früherer Soldaten, Rebellen und Milizionäre. Nur dann könne der Friedensprozess wie geplant in Wahlen münden.

Aber für Demobilisierung wurden in Paris keine Gelder versprochen. Dies, so Weltbankvertreter Otto Rühl, sei schon bei einem anderen Treffen in Kinshasa geschehen – 150 bis 200 Millionen Dollar. Hier ist die Konfusion jedoch groß. Weder gibt es eine exakte Geldsumme noch gibt es eine genaue Zahl der zu demobilisierenden Kämpfer – Kongos Verteidigungsministerium spricht von 190.000 bis 243.000 Mann. Ungeklärt ist auch, ob von der internationalen Hilfe etwas für Gehälter im öffentlichen Dienst übrig bleibt. „Auszahlungen hängen davon ab, ob die Geldgeber sich dieser Priorität annehmen“, sagt Haushaltsminister Muamba dazu.

Unmittelbares Ergebnis des Geldregens ist eine Verschärfung des politischen Wettbewerbs im Kongo. Anhänger von Staatspräsident Joseph Kabila empfanden es als Affront, dass am letzten Tag der Geberkonferenz Vizepräsident Jean-Pierre Bemba, einstiger Rebellenchef, per Sonderflug aus Kinshasa in Paris einschwebte, um ausländische Unternehmer auf einem Investitionsforum zu begrüßen.

Sorge bereitet auch der zu erwartende Streit um die Ausgabe der Weltbankgelder. Die Vergabe öffentlicher Aufträge und Lizenzen erfolgt im Kongo traditionell entlang politischer Loyalitäten oder als Ergebnis politischer Intrigen. Vor allem im Osten des Landes bahnen sich harte Konflikte an, weil örtliche Unternehmer sich von Freunden Kabilas und ehemaligen Rebellen ausgebootet fühlen, die jetzt in Kinshasa gemeinsam regieren.

Nach Informationen der taz schlitterte Ostkongos einstige Rebellenhauptstadt Goma deswegen Anfang Dezember knapp an einem neuen Krieg vorbei. Weil die Regierung einem führenden Versicherungsunternehmen der Region die Zulassung entzogen hatte und es stilllegen wollte, versammelte sich Gomas Unternehmerverband zum Krisengipfel und beriet über das Kappen der Flug- und Mobilfunkverbindungen nach Kinshasa. Die Regierung gab in letzter Minute nach. Sonst wäre es wohl zur militärischen Konfrontation gekommen. FRANÇOIS MISSER

DOMINIC JOHNSON

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