: Wahres Melodram
Der Kölner Film- und Fernsehproduzent Werner Possardt kam bei der Flutkatastrophe in Südostasien ums Leben
Die Flutkatastrophe in Südostasien hat mit dem Kölner Film- und Fernsehproduzenten, Regisseur, Schauspieler und Autor Werner Possardt ein weiteres Opfer gefordert. Der 53-Jährige gehört zu den Toten, die im thailändischen Khao Lak ums Leben kamen. Die Umstände seines Todes nehmen sich aus wie der Stoff für ein Melodram. Unlängst musste Possardt für seine Calypso Filmproduktion Insolvenz anmelden. Hinzu kam eine schwere Krankheit, die nur durch eine Nierentransplantation gestoppt werden konnte. Mit einer neuen Liebe wollte Possardt neu starten, die Reise nach Thailand war eine Hochzeitreise.
Mit Stoffen solcher Art war Possardt in den Neunzigerjahren einer der bundesweit erfolgreichsten TV-Produzenten. Seine TV-Movies, darunter „Der Venusmörder“ (RTL) oder „Der Schnapper – Blumen für den Mörder“, (ZDF) bescherten nicht nur den auftraggebenden Sendern Traumquoten, sondern standen auch für sorgfältig inszenierte, spannende Unterhaltung. Zu seinen Kinofilmen zählen etwa „Sissi – der Film“ (1990) oder „Fandango“ (2000).
Von Haus aus kam der gebürtige Schwabe vom Theater. Nach einer Ausbildung an der Westfälischen Schauspielschule in Bochum spielte Possardt zunächst an Stadttheatern. 1977 zählte er zu den Mitwirkenden der Fassbinder-Episode von „Deutschland im Herbst“. Dann fand er seine filmwirtschaftliche Nische – zu einer Zeit, da der deutsche Film noch ein Synonym für Autorenfilm war. Mit Frank Döhmann gründete er 1979 in Essen die Dr. Muschnik Filmproduktion. Die beiden produzierten mit „Fünf Flaschen für Angelika“, „Strommberg – die letzte Nacht“ und „Xaver“ drei fröhliche Kinofilme, bei denen sie auch selbst Regie führten. Ihr Vorbild war US-Regisseur Roger Corman. So trifft in „Xaver“ ein Oberschwabe auf einen Besucher von einem anderen Planeten, der mit seiner Flugmaschine notlanden musste.
2001 kam es bei der Wiederaufführung von „Xaver“ in Oberschönenfeld bei Augsburg zu einem Mega-Ereignis. Über 2.000 Besucher verfolgten dort die erste Science-Fiction-Fantasy-Heimatfilm-Komödie aus Bayern. Mit dabei waren Possardt, viele Darsteller von damals und die Originalkapelle, die einst dem exterrestrischen Besucher einen bayerischen Marsch geblasen hatte. Seine Fans legten Possardt eine Fortsetzung von „Xaver“ ans Herz. Er wollte es sich überlegen, doch dazu kommt es nun nicht mehr. Possardt hinterlässt eine Ehefrau und zwei Kinder.
PETER HANEMANN
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