: Schlimme Tage
Wie managt man eine Katastrophe: Fragen an den Reiseveranstalter Stefan Kraft von Geoplan
taz: Was haben Sie dabei empfunden, die schweren Folgen des Seebebens abzuwickeln?
Stefan Kraft: Es war die Hölle – und bisher schlimmste Zeit meines Lebens! Glücklicherweise steht mittlerweile fest, dass all unsere Kunden die Flutwellen in Südasien überlebt haben. In den folgenden Tagen riefen viele an oder kamen sogar persönlich im Büro vorbei, um unter Tränen ihre schrecklichen Erlebnisse zu schildern. Gleichzeitig galt es Kunden zu beruhigen, um sie von der spontanen Stornierung ihrer Südostasien-Reise abzuhalten. Auch die schwierigen Korrespondenzen mit den Partneragenturen vor Ort forderten Tribut – und natürlich die Koordination unserer Spendenaktion, die Fischerfamilien auf der schwer getroffenen Insel Koh Prathong zugute kommen soll.
Verspüren Sie eine Mitschuld daran, Ihre Kunden in die Katastrophe geschickt zu haben?
Nein. Aber ich sehe sehr wohl eine Verantwortlichkeit darin, dass die betroffenen Regionen und Menschen nun durch einen Reiseboykott zum zweiten Mal abgestraft werden. Bereits in unserer nächsten Kundenzeitschrift werden wir zum Beispiel einen Artikel über die Insel Koh Yao Noi veröffentlichen, die zwar in der Nähe Phukets liegt, aber die Katastrophe fast unbeschadet überstanden hat
Gibt es irgendetwas, das Sie optimistisch in die Zukunft blicken lässt?
Irgendwie haben wir es auch geschafft, unser Geschäft über so folgenreiche Widrigkeiten wie die Terroranschläge, die Lungenseuche Sars oder die Hühnergrippe zu retten. Und auch nach dieser Naturkatastrophe werden wir unsere Kunden zu Menschen eines ganz anderen Kulturkreises führen, die uns nicht nur exotische Urlaubsgenüsse und Gastfreundschaft bieten, sondern nun auch bewiesen haben, dass sie sogar in ganz extremen Notsituationen durch ihre Liebenswürdigkeit und selbstlose Hilfsbereitschaft unseren Respekt und unsere große Zuneigung verdienen. INTERVIEW: VOLKER KLINKMÜLLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen