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Bremer Literaturpreis: Die Preisträgerinnen„Natürlich will ich reich werden“

Antje Rávic Strubel, Gewinnerin des Förderpreises beim Bremer Literaturpreis, über den Nutzen von Preisgeldern, die Gesetze des Marktes und Spielarten des Scheiterns

taz: Können wir über Geld sprechen?

Antje Rávic Strubel: Ja, reden wir über Geld.

Was war Ihr erster Gedanke, als der Anruf kam, dass Sie den Bremer Förderpreis gewonnen haben – Dank für die Ehre oder für die 6.000 Euro Preisgeld?

Beides, ineinander verquickt. Das Geld ist natürlich für jeden Freischaffenden wichtig. Ein Preis mit einem Renommée wie diesem ist eine Ehre, die gleichzeitig aber diverse Anfragen nach sich zieht, von denen ich wiederum weiter leben kann.

Haben Sie schon eine Vorstellung, was Sie mit dem Geld machen werden?

Es ist nicht so, dass ich mir davon etwas Aufregendes kaufe, sondern es geht in die Planung der nächsten ein, zwei Jahre ein.

Es gibt ja auch das Tschechowsche Modell: Die Schriftstellerei als Geliebte und dazu ein Brotberuf als Ehefrau. Damit gewinnt man natürlich eine gewisse Unabhängigkeit.

Zu Beginn habe ich gar nicht erwartet, dass ich vom Schreiben leben könnte. Ich dachte eher, ich würde erstmal bei einer Zeitung oder beim Rundfunk anfangen. Aber es ist natürlich ein Hochseilakt: Inwieweit richtet man sich nach dem Markt aus, der einen bezahlt, und inwieweit kann man Sachen machen, die davon unabhängig sind?

Und wie steht es sich auf dem Hochseil?

Wackelig, aber sobald man sich einmal aufgeschwungen hat, kommen verstärkt Anfragen nach Essays, Kurzgeschichten, Radiotexten. Solange ich noch die Freiheit habe, auszuwählen, was mich tatsächlich interessiert, ist alles gut. Aber sobald ich merke, dass ich anfange, alles zu machen, dass ich sozusagen dem Geld hinterherschreibe, wäre das das Ende vom Spaß.

Verzeihung, das klingt wie ein Luxusproblem. Andere Schriftsteller klagen eher über endlose Lesereisen und Nötigung zu Talkshow-Besuchen.

Ich finde, so etwas gehört zum Job. Das Schriftsteller-Dasein besteht ja aus zwei Sachen: dem tatsächlichen Schreiben und Dingen, die dafür sorgen, dass das Buch wahrgenommen wird. Was ich nicht machen wollte, wäre Talkshow-Getingel, wo es nur noch um Themen geht, die vielleicht entfernt biographisch etwas mit mir zu tun haben, aber nicht mehr mit den Büchern.

Wilhelm Genazino hat kürzlich Samuel Beckett zitiert: „Künstler sein heißt scheitern, wie kein anderer zu scheitern wagt.“ Wenn man seine Miete vom Honorar zahlen muss, ist der Spielraum fürs Scheitern natürlich eingeschränkt.

Ich glaube, dass man da unterscheiden muss: Das eine ist das Karriere-Scheitern, wenn ich aus dem Betrieb herausfalle, weil keiner mehr meine Bücher kauft. Das andere ist das Scheitern im Schreiben. Wenn man einen neuen Text anfängt, riskiert man alles, weil man eine Herausforderung sucht, die einen gerade aufgrund der Unmöglichkeit interessiert. Da steckt das eigentlich aufregende Potential eines extremen Scheiterns.

Ist es immer noch von Vorteil im Literaturbetrieb, Frau und jung zu sein?

Ich hoffe, die Tupolew 134 wird zuerst mal als Text wahrgenommen. Die Offene Blende hat profitiert von diesem Erzählwunder der jungen Frauen und auch Herren Mitte der 90er Jahre. Aber ich gehe trotzdem trotzig davon aus, dass es mein Text ist, der Beachtung findet, nicht ich und nicht aufgrund außerliterarischer Hypes. Das ist zwar blauäugig, aber wenn ich nicht so denken würde, geriete ich so in Wut, dass ich gleich gar nicht mehr zu schreiben bräuchte.

Verschwenden Sie einen Gedanken an Verkaufszahlen?

Natürlich ärgere ich mich, wenn ich eine Bestsellerliste sehe, auf der sich der größte Schwachsinn hunderttausendmal verkauft, aber dann halte ich es mit Nabokov, der sagt: „Je mehr Menschen ein Buch lesen, desto weniger wird es verstanden.“ Und es ist ja tatsächlich interessanter, auf Leute zu treffen, mit denen ich über mein Buch diskutieren kann, statt mir Verkaufszahlen anzugucken.

So wird man nicht reich.

Natürlich will ich reich werden! Im Grunde möchte ich unabhängig schreiben und trotzdem angenehm leben können. Mir ist aber bewusst, dass sich die Lage jederzeit ändern kann. Ich sehe ja, wie es einigen jenseits der 40 geht, für die es angesichts des immer noch nicht verblassten Jugendwahns schwieriger ist. Also versuche ich, in Bewegung zu bleiben. Und die Vorstellung, eines Tages etwas ganz anderes zu machen, treibt die Phantasie an.

Interview: Friederike Gräff

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