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keine Hartz-ProzesseAngst essen Klagen auf

Überraschend wenig Menschen klagen in NRW gegen die ihnen aufgedrückte Arbeit. Obwohl laut Hartz IV-Gesetz jede Arbeit zumutbar ist, ging bisher keineR der Arbeitslosen zu den acht Sozialgerichten im Land. Das ist schade, denn so scheinen die harten Regeln der Zumutbarkeit unangefochten im Raum zu stehen. Das könnte daran liegen, dass die Arbeitsagenturen bisher tatsächlich nur wenige AkademikerInnen auf den Bau geschickt und Alleinerziehende zu Nachtschichten verdonnert haben. Wahrscheinlicher aber ist, was auch der Präsident des Essener Gerichts vermutet: Viele Arbeitssuchende sind verängstigt genug, um jeden Job anzunehmen.

KOMMENTAR VONANNIKA JOERES

Nicht nur, dass sie im Falle einer Ablehnung sofort 30 Prozent weniger vom Amt bekommen und Jugendliche bis 25 Jahre sogar gar nichts mehr. Entscheidender ist noch die Saat, die jetzt in den Köpfen aufgeht. Die Saat der Regierung, dass für engagierte Menschen Arbeit da ist. Arbeitslose haben sich damit abgefunden, ihr jahrelanges Pauken an der Uni oder die erlernten Fertigkeiten im Betrieb zu verschleudern und möglichst schnell zu vergessen. In dem Klima der Angst ist jeder und jede froh, irgendetwas zu tun zu haben, vielleicht einen Job für einen Euro in der Stunde, vielleicht kellnern oder Waren sortieren, oder Laub fegen. Nur wenn die Regierung zugeben würde, dass nicht jeder Mensch Arbeit finden kann, fiele dieser Gehorsam weg. Und dann hagelten die Klagen.

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