: Neonazis kriegen Platzangst
Ein breites Bündnis will am 8. Mai am Brandenburger Tor demonstrieren, um geplanten NPD-Marsch zu verhindern. Innenverwaltung streitet Patzer bei Genehmigung der Neonazi-Demonstration ab
VON PHILIPP GESSLER
Der Widerstand gegen die geplante Demonstration der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) zum Brandenburger Tor formiert sich. Im Namen der schon häufiger gegen Neonazis demonstrierenden Initiative „Europa ohne Rassismus“ hat die Grünen-Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus, Sibyll Klotz, eine Kundgebung Unter den Linden und am Pariser Platz angemeldet. Mit der Aktion solle Raum für demokratische Kräfte geschaffen werden, „ein lautes und deutliches Zeichen gegen den Rechtsextremismus“ zu setzen, so Klotz gestern.
Nach Auskunft der Innenverwaltung wollen die JN am 8. Mai, genau 60 Jahre nach dem Kriegsende in Europa, zwischen 10 und 18 Uhr vom Alexanderplatz zum Platz des 18. März marschieren. Damit stünden die Nazis auf der westlichen Seite des Brandenburger Tores, die Gegendemonstranten auf der östlichen. Empörend finden die Initiatoren der Gegendemonstration zudem, dass die JN auf dem Weg zum Platz des 18. März am Holocaust-Mahnmal vorbeimarschieren wollen – zwei Tage vor Eröffnung des Denkmals am 10. Mai in Anwesenheit von unter anderen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Das JN-Ansinnen hat in den vergangenen Tagen zu einer bundesweiten Debatte über eine mögliche Verschärfung des Demonstrationsrechts geführt.
Der parteiübergreifenden Initiative „Europa ohne Rassismus“ gehören neben den Grünen SPD, PDS, Gewerkschaften, Kirchen, zivilgesellschaftliche Initiativen und Verbände an. Klotz sagte der taz, sie hoffe, dass es auch dieses Mal wie im November 2000 gelingen werde, die Nazis auf dem Alexanderplatz so mit Gegendemonstranten einzukreisen, dass sie gar nicht von dort wegkommen könnten. Zudem gibt es Hinweise, dass die Innenverwaltung bemüht ist, die JN-Demonstration zumindest umzuleiten, sollte es juristisch nicht möglich sein, sie zu verbieten – zum Beispiel auf die Friedrichstraße.
Der Sprecher der Innenverwaltung, Claus Guggenberger, wies zudem Meldungen zurück, dass eine vor der JN-Demonstration angemeldete Kunstaktion am Brandenburger Tor eine scheinbar einfache Möglichkeit hätte liefern können, die geplante Nazi-Kundgebung zu verlegen. Künstler wollten unter anderem am Brandenburger Tor am 8. Mai eine Kunstaktion veranstalten. Sie hatten diese vor den JN angemeldet – und in der Regel kann die Gruppe an einem bestimmten Ort demonstrieren, die sich zuerst anmeldet.
Guggenberger stellte klar: „Zu glauben, dass über die Genehmigung der Kunst-Performance die JN-Demonstration auf diese Weise hätte verhindert werden können, ist ein Irrtum.“ Die Künstler hätten eine lokal begrenzte Kunstaktion angemeldet, „deren Wesen nicht den Voraussetzungen des Versammlungsrechts entspricht“. Wie zu erfahren war, hatten die Künstler zwar ihre Aktion vor den JN angemeldet, jedoch zunächst nur für die Treppen des Reichstags. Erst Wochen nach JN-Anmeldung weiteten die Künstler ihre geplante Aktion unter anderem auch auf das Brandenburger Tor aus.
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