KOMMENTAR: PAUL BERGMANN ÜBER FAHRLÄSSIGES VERGESSEN: Parkbank statt Weltbank!
Arcandor, Opel, Kim Jong Il. Eine verzwickte Lage für die Welt – Knieschlottern trifft auf Säbelrasseln. In dieser wackligen globalen Situation brodelt jedoch ein Konflikt vor sich hin, der seit Beginn der Wirtschaftskrise aus dem Fokus verschwunden ist: der Befreiungskampf der Indígenas.
Die Ölförderung zerstört Lebensräume, die Auslöschung des Regenwalds schreitet ungebremst voran. Multinationale Konzerne beeinflussen massiv Entwicklungsländer, Gesetze nach ihren Wünschen zu ändern. Der Abbau von Bodenschätzen und die Schaffung von Landflächen diene schließlich der Entwicklung des betreffenden Landes, rebellierende Ureinwohner sollten doch, bitte sehr, das wirtschaftliche Gedeihen nicht behindern.
Mit Maschinengewehrsalven aus Hubschraubern werden schnell die Fronten geklärt. Nun sollte man anführen, dass in den Statuten der UNO ein Schutz für Ureinwohner geregelt ist, welcher allseits ratifiziert wurde – Blauhelme aber sollte man im Regenwald nicht erwarten. Eine „grüne Revolution“ wird gefordert. Palmölplantagen und Sojafelder liefern Treibstoff für den Wirtschaftsmotor des 21. Jahrhunderts, und das alles klimaneutral. Verbrecherische Kurzsichtigkeit. In der Krise gelten Maßnahmen mit dem Prädikat „klimaneutral“ und „grüne Energie“ als revolutionär, das Maß an Verblendung ist es ebenso. Transfer von Technologie findet kaum statt, Braindrain hält sich auf hohem Niveau.
Rezepte sind denkbar einfach: Kleiderspenden, die lokale Textilindustrien am Boden halten, müssen gestoppt werden. Stattdessen sollten mit Mikrokrediten – erfolgreich in Bangladesch – Kleinbauern und Handwerker unterstützt werden. Ist die Entwicklungshilfe tatsächlich das Anliegen der Weltbank, müsste sofort die Kreditvergabe auf den Kopf gestellt werden. In ihrer aktuellen Erscheinungsform hat die Weltbank ihren Namen nicht verdient. Ressourcenschonung, Erhalt der Artenvielfalt sowie entscheidende Beiträge zum Klimaschutz müssen Kriterien zur Vergabe von Krediten sein. Die Politik der Weltbank in den nächsten zehn Jahren wird über das Wohl der Welt mitentscheiden – Bewusstsein dafür muss geschaffen werden! Denn ein Bewusstsein von den vergessenen Krisen heute bedeutet weniger Krisen in der Zukunft.
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