: Bushs Gehirn: Meister der schmutzigen Tricks
Karl Rove, Chefberater und Wahlkampfmanager von US-Präsident Bush, wird Vizestabschef des Weißen Hauses
Als ob Karl Rove noch irgendeinen Posten brauchte, um seinen Einfluss zu steigern, hat US-Präsident George W. Bush den Mann, der ihn erst zum Präsidenten gemacht hat, am Dienstag zum stellvertretenden Stabschef des Weißen Hauses ernannt. Das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen – hat doch jetzt schon kaum jemand so viel Macht über den Präsidenten wie der 54-jährige konservative Politstratege. Die Autoren Wayne Slater und James C. Moore nennen Rove schlicht: „Bushs Gehirn“.
Rove hat das in die Politik der USA eingeführt, was liberale Soziologen wie Alan Wolfe als größte Bedrohung für die politische und demokratische Kultur der Vereinigten Staaten verstehen: jenes strikte Freund-Feind-Denken, das Bush erst im Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Terror in den öffentlichen Diskurs einbrachte, beherrscht Karl Rove schon seit Beginn seiner Karriere. Geprägt durch seinen wegen der Watergate-Affäre zu mehreren Monaten Haft verurteilten Ziehvater Donald Segretti, gilt Rove als Meister von Verleumdungen und Lügenkampagnen, wenn es einen politischen Gegner zu erlegen gilt.
1970, mit gerade 19 Jahren, schlich Rove sich als angeblicher Freiwilliger in die Wahlkampfzentrale des Demokraten Alan Dixon, der sich in Illinois um den Posten des Schatzmeisters bewarb, und ließ unbemerkt einen Stapel Blanko-Wahlaufrufe mitgehen. Die tauchten kurze Zeit später in den Rotlichtvierteln der Stadt wieder auf und verkündeten „Freibier, Essen umsonst, Mädchen und viel Spaß“ für alle, die sich bei Dixons Headquarters meldeten. Hunderte kamen, Dixon reagierte indigniert und gewann trotzdem. Eine Niederlage, die Rove seither nicht wieder passiert ist.
George W. Bush hat er in all dessen Wahlkämpfen zum Sieg verholfen: zweimal zum Gouverneur in Texas, 1999 mithilfe einer Schmutzkampagne gegen Senator John McCain zum republikanischen Kandidaten und schließlich zweimal zum Präsidenten. Den „Architekten“ nannte Bush ihn am Tag seines Wahlsieges im vergangenen Jahr. Rove hatte nicht nur die Strategie erdacht, auf die christlich-konservativen Wähler zu setzen, es hat auch kaum jemand Zweifel, dass Rove hinter der Schmutzkampagne der „Swift Boat Veterans“ gegen den Demokraten John Kerry stand, die jenen um seinen stärksten Pluspunkt gegen den Vietnam-Drückeberger Bush brachte.
Doch Rove ist stets mehr als ein skrupelloser Wahlkampfmanager gewesen – er war und ist ein überzeugter konservativer Ideologe. Für Bush kann Rove keine Wiederwahl mehr gewinnen. Jetzt geht es ihm, analysierte gestern die New York Times, um die Sicherung der konservativen Hegemonie über Bush hinaus. Welch Wunder, dass gerade dieser Tage, inmitten der Diskussionen um Bushs Haushaltsentwurf, eine republikanische Kampagne gegen den neuen Chef der demokratischen Senatsfraktion lanciert wird. Ohne jede Kenntnis des Weißen Hauses, versteht sich. BERND PICKERT
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