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Lücken in den Akten bremsen das Gericht

Korruptionsprozess stockt, weil weiterhin unklar ist, ob die Staatsanwaltschaft entlastende Unterlagen zurückhält

Bremen taz ■ Der Prozess gegen den der Bestechlichkeit angeklagten ehemaligen Bau-Abteilungsleiter Gottfried Z. ist erneut ins Stocken geraten. Grund sind offenkundige Lücken in den Prozessakten von bislang ungeklärtem Ausmaß. Der Vorwurf der Verteidigung: Die Staatsanwaltschaft habe aus der Menge der beschlagnahmten Unterlagen nur eine Auswahl nach dem „Zufallsprinzip“ dem Gericht übergeben – und dabei entlastende Schriftstücke weggelassen. Auf dieser Grundlage, insistierte Rechtsanwalt Reinhold Schlothauer, könnten keine Zeugen vernommen werden.

Staatsanwalt Volker Dützschhold reagierte angefasst. Bei der Menge an Material sei es weder möglich noch sinnvoll, jedes einzelne Blatt zu den Akten zu nehmen, rechtfertigte er das Vorgehen seiner Behörde. Das vom Gericht angeforderte „Inhaltsverzeichnis“ der Ermittlungsakten sei noch „in Arbeit“. Das brachte selbst den Vorsitzenden Richter Bernd Asbrock etwas auf: Dass die Frage, ob das Gericht von allen relevanten Akten wisse, vor der Vernehmung der „wichtigen Zeugen“ geklärt werden müsse, „das liegt doch auf der Hand“. Dem Antrag Schlothausers, die Zeugenvernehmung der früheren Abteilungsleiterin Brunhilde S. der BreHoch (des privatisierten Hochbauamts) und ihres früheren Mitarbeiters Fritz M. – er war mit der Prüfung des Zechbau-Angebots beauftragt – auszusetzen, schloss sich auch Dützschhold schließlich an. S. und M. wurden daher gestern nur „informativ“ befragt, ihre eigentliche Vernehmung soll im April erfolgen.

Ein besonderes Augenmerk, soviel ist schon klar, wird sich dann auf eine nach Aussage von Schaub „misslungene“ Besprechung im Sommer 1995 im Weser-Stadion richten. Die Bremer Sport- und Freizeit GmbH (BSF), die den Umbau des Weser-Stadions in Auftrag gab, die Firma Zechbau, die den Auftrag ohne Ausschreibung bekam, und der Architekt wollten dabei unter anderem den genauen Prüfauftrag für die BreHoch formulieren. S. aber durfte nicht daran teilnehmen: BSF-Geschäftsführer Reinhard Hoffmann komplimentierte sie unmittelbar vor Beginn der Besprechung wieder hinaus. Ihr Mitarbeiter M., der bereits den Umbau der Westkurve des Stadions mit betreut hatte durfte dagegen teilnehmen.

Noch vom Stadion aus, so S. gestern, habe sie damals Gottfried Z. angerufen. Der habe ihr am Telefon mitgeteilt, dass M. nun ihm persönlich unterstellt sei – und also das Millionenprojekt unter seiner Regie prüfen solle. „Das war kein schöner Anlass, wie ich dazu kam“, kommentierte M. gestern seinen Arbeitsauftrag. sim

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