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Solidarität mit Grenzen

KITA-DEMO Heute gehen Eltern und ErzieherInnen auf die Straße. Doch die Solidarität hat Grenzen: Tagelange Streiks lehnen die Eltern ab

Auch die Solidarität der Hamburger Eltern hat Grenzen. Auf tagelange Streiks wollen sie es lieber nicht ankommen lassen

Wenn das Hamburger Kita-Bündnis am heutigen Mittwoch ab 17 Uhr vor der Finanzbehörde am Gänsemarkt demonstriert, sind die Eltern mit dabei. „Wir unterstützen die Träger in ihrer Forderung nach höheren Leistungsentgelten“, sagt Bodo Heuer, Vorstandsmitglied im Hamburger Landeseltern-Ausschuss. Da die Anforderungen an Erzieherinnen steigen, sei die Einstufung in eine höhere Entgeltgruppe notwendig. „Es gelingt immer weniger, gute Nachwuchskräfte für den Beruf zu interessieren“, sagt Heuer. Die Folge: Personalmangel und schlechtere Qualifikation.

Die Kritik der Beschäftigten und Eltern richtet sich vor allem an den Senat. Dieser stehe in der Verantwortung, ErzieherInnen angemessen zu bezahlen und gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen in den Kitas zu schaffen, meint die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Hinter der Ausrede, die Aktionen der Kitabeschäftigten seien Tarifauseinandersetzungen zwischen Gewerkschaften und Trägern, könne sich der Senat nicht länger verstecken. Die Stadt Hamburg selbst hat schließlich 2005 die Eckpunkte für die Kinderbetreuung festgelegt.

Seither sind verschiedene große Verbände wie das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonie oder die kommunale Einrichtung Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten an die finanziellen Vorgaben der Sozialbehörde gebunden. „Hamburg ist bundesweit ein Sonderfall“, sagt Ronald Prieß von der Linksfraktion. Nicht die tatsächlichen Personalkosten werden den Arbeitgebern finanziert, sondern pauschale Leistungsentgelte. Ob eine Kita nun betreuungsintensive Kinder in Billstedt oder den Nachwuchs aus gut situierten Familien in Blankenese betreut, ist nicht relevant. Der Aufwand mag in der einen Einrichtung größer sein – die Entlohnung ist es nicht.

Dass sich die Hamburger Eltern hinter die ErzieherInnen stellen, ist alles andere als selbstverständlich – in anderen Bundesländern haben von den Kita-Streiks betroffene Eltern bereits Gegendemonstrationen abgehalten. Doch auch die Solidarität der Hamburger Eltern hat Grenzen. Auf tagelange Streiks wollten sie es lieber nicht ankommen lassen, sagt Landeseltern-Vorstand Heuer. So etwas sei für Eltern und Kinder gleichermaßen enorm belastend. Heuer hofft darum sehr auf die Demo vor der Finanzbehörde: „Wir müssen jetzt stark mobilisieren“, sagt er. Die Kundgebung solle den Gewerkschaften zeigen, dass es andere Aktionsformen als den Streik gibt. UTA GENSICHEN

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