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Alltäglicher Rassismus im Anzug

Zu einer Podiumsdiskussion anlässlich des UN-Tags gegen Rassismus hatte die Uni Bochum geladen. Doch am Ende sollte nur noch über den Rassismus der MigrantInnen untereinander geredet werden

AUS BOCHUM NATALIE WIESMANN

Auf ein wohlwollendes „Du kannst aber gut deutsch“ wollen hier aufgewachsene Migranten nicht immer mit „danke“ antworten. „Die Betroffenen empfinden das als positive Diskriminierung“, sagte Ercüment Toker, Geschäftsführer des Bochumer Migrantenvereins IFAK gestern auf einer Podiumsdiskussion zum Thema „Fremdenfeindlichkeit“ im Schauspielhaus Bochum. Anlass war der heutige UN-Aktionstag gegen Rassismus.

Dass das Phänomen Rassismus viele Facetten hat, wurde auf der vom Bochumer Soziologen Ludger Pries geleiteten Diskussionsrunde deutlich. „Von den gewalttätigen Formen von Rassismus sind wir in Bochum zurzeit verschont“, sagt Toker. BesucherInnen der IFAK-Einrichtungen berichteten jedoch oft von beleidigenden Bemerkungen auf der Straße sowie von Diskriminierungen in Behörden.

Das kann auch Birgit Wehrhöfer vom Landeszentrum für Zuwanderung in Solingen bestätigen. Bei den Antidiskriminierungsbüros in NRW beschwerten sich die BesucherInnen vor allem über den institutionellen Rassismus. „Gegen den alltäglichen Rassismus sind die meisten Migranten abgehärtet“, sagt Wehrhöfer. Mitarbeiter von Behörden seien zwar nicht rassistischer als die Durchschnittsbevölkerung – dort würden aber existenzielle Entscheidungen gefällt, wie die über Aufenthalt oder Arbeitserlaubnis. Gegen die unterschiedliche Behandlung durch die Ausländergesetze könne auch das neue Antidiskriminierungsgesetz nichts ausrichten, so Wehrhöfer, die in Berlin an der Umsetzung der EU-Richtlinie mitgewirkt hat. „Unterschiedliche Rechte für deutsche und nichtdeutsche Staatsbürger bleiben legitim.“

Dass aber auch Migranten mit deutschem Pass nicht gleich behandelt werden, stellen zwei weitere Teilnehmer dar: „Migranten kommen viel schlechter an einen Kredit, wenn sie sich selbstständig machen wollen“, so Sevki Kaya, der Unternehmensgründer ausländischer Herkunft in Duisburg berät. Grigorij Rabinovich, Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Bochum, berichtet, dass er trotz seiner Position große Schwierigkeiten hatte, eine Wohnung zu finden. Im Gegensatz zu einer christlichen Kirche sei außerdem seine Einrichtung leider nicht frei zugänglich. „Unsere Synagogen müssen 60 Jahre nach dem Holocaust mit Panzerglas und Polizeistreife gesichert werden.“

All zu lange wollte sich der Veranstalter aber nicht mit dem Rassismus der Mehrheitsbevölkerung beschäftigen. Relativ früh lenkte Moderator Pries die Diskussion um auf den Rassismus unter den MigrantInnen selbst. Die Migrantenvertreter auf dem Podium räumten ein, dass auch Türken sich rassistisch über Schwarze äußern und Islamfeindlichkeit auch unter der jüdischen Gläubigen zu finden ist. Helmuth Schweitzer, Leiter der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien (RAA) in Essen, plädierte gar für die positive Besetzung der so genannten „Leitkultur“: „Die Menschenrechte müssen die Grundlage sein“, sagt er.

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