: Babys retten Leben
STAMMZELLEN Die Nabelschnurblutspende ist eine neue Methode, um Leukämie zu heilen. Kritiker warnen vor privaten Blutbanken
Bis vor einigen Jahren gab es nach der Geburt eines Kindes für Nabelschnur und Plazenta keine Verwendung. Doch das Blut aus der Nabelschnur ist reich an Stammzellen. Bei Leukämie ist die Übertragung von Blutstammzellen häufig die einzige Chance auf Heilung.
Ein Vorteil von Nabelschnurblutstammzellen gegenüber Knochenmark ist die relative Unreife der enthaltenen Immunzellen. Abstoßreaktionen beim Empfänger sind dadurch selten, eine hundertprozentige Übereinstimmung ist nicht nötig. In Norddeutschland ist die Nabelschnurblutspende seit 2008 etabliert.
Im Knochenmark- und Stammzellen Register Hannover (NKR) etwa steht eine allogene Nabelschnurblutbank. Allogen bedeutet, dass das transplantierte Gewebe nicht vom Empfänger selbst, sondern von einem Spender kommt. Einlagerungen von Nabelschnurblut für den Eigengebrauch gibt es unterdessen schon länger, doch sie sind umstritten. Die Hamburger Ärztekammer warnte im vergangenen Jahr vor den vorrangig wirtschaftlichen Interessen privater Nabelschnurblutbanken. Die verlangen für eine Einlagerung bis zu 3.000 Euro. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass das eigene Nabelschnurblut Gene enthält, die schon zu einer Erkrankung geführt haben.
Die Nabelschnurblutspende selbst ist recht simpel. Iris Traut vom NRK betont, dass es nicht zu einer schnelleren Abnabelung des Babys kommt. „Mutter und Kind haben damit gar nichts zu tun.“ Um das Blut zu gewinnen, werde ein Blutbeutel mit einer Nadel an die abgeschnittene Nabelschnur eingeführt.
In Norddeutschland ist die Spende mittlerweile flächendeckend möglich. Das NKR arbeitet mit über 180 Kliniken zusammen. Spendewillige Eltern können sich direkt an das NRK wenden und werden dort an die entsprechenden Kliniken weitergeleitet. Sollte das Wunschkrankenhaus keine Nabelschnurblutspenden anbieten, werde sich mit der Klinik in Verbindung gesetzt. Nach einer Spende werden die Daten anonymisiert an das Zentrale Knochenmark-Spenderregister weitergeleitet. Auf dieses kann weltweit zugegriffen werden.
Das NRK in Hannover ist eine gemeinnützige Gesellschaft. Die Typisierung möglicher Spender werde ausschließlich mit gestiftetem Geld bezahlt, so Traut. „Frühstück oder Geld wie bei der herkömmlichen Blutspende gibt es bei uns nicht.“ Laut einer Forsa-Umfrage im Jahr 2007 ist dies auch nicht nötig. 85 Prozent der befragten schwangeren Frauen äußerten bereits, mit dem Nabelschnurblut ihres Kindes fremden Menschen helfen zu wollen.
OLE MASCH
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen