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Schön beweglich

Es muss ja nicht immer der Hochschulsport sein: Wer in Hamburg für wenig Geld Sport machen will, hat Alternativen zur Wahl – von Golfen im Freihafen über Tanzen bis Yoga

von Marc-André Rüssau

„Am Anfang sind wir noch weggelaufen, wenn Polizei auftauchte“, berichtet Torsten Schilling aus den Zeiten, als sein Sport noch nicht etabliert war. 13 Jahre ist das her, als er nach Feierabend in der verwaisten CityNord und später im Freihafen die ersten Golfbälle schlug. Die neue Disziplin Crossgolf war geboren – Golfen nicht auf dem gepflegten Grün, sondern mitten in der Stadt. Der Albtraum des Golf-Establishments.

Ganz so subversiv ist die Sache längst nicht mehr: Mittlerweile gibt es Crossgolf-Vereine von München bis Kuala Lumpur. Und die Deutschland-Crossgolf-Tour wurde sogar von Microsoft gesponsort. Trotzdem ist Crossgolf der ideale Sport für Studenten – er ist nämlich umsonst. Und er hat in keinem Fachbereich ein Image-Problem: Während Betriebswirte, Mediziner und Juristen zu ihren Kommilitonen knapp „Ich geh zum Golfen“ sagen, erklärt der Rest eben ein bisschen genauer, was da jeden Sonntag im Hamburger Freihafen passiert.

Dort dienen Baggerschaufeln, ein leeres Fass oder Container als Ziele. „Platzreife“ muss hier keiner nachweisen. Wo genau im Freihafen gespielt wird, verraten die Alternativgolfer nicht, um unkontrollierbaren Besucheransturm zu vermeiden und nicht öffentlich zum Hausfriedensbruch aufzurufen, wie Schilling klarstellt. Wer also mitspielen will, sollte den „Natural Born Golfers“, wie sich die Sportler um Schilling nennen, einfach eine E-Mail schreiben. Schläger sind genug vorhanden, wer später einen eigenen will, kann sich für knapp 5 Euro einen auf dem Flohmarkt kaufen. Und vor der Polizei weglaufen muss auch niemand mehr, der in freier Wildbahn einlocht: „Das wurde uns irgendwann zu albern, und gegen Golf im Freihafen gibt es eigentlich keine Gesetze“, erklärt Schilling.

Wer es dagegen traditioneller mag, der sollte besser Sportspaß ausprobieren. Die Mitgliedschaft in dem Verein kostet 8,25 Euro pro Monat plus 10 Euro Aufnahmegebühr – danach kann frei aus mehr als 800 Sportangeboten ausgewählt werden. Da Sportspaß ohne Anmeldeverfahren auskommt, sind Trainierwillige hier deutlich flexibler als im Unisport: Heute Yoga, morgen Rhönrad und übermorgen Tischtennis ist kein Problem. Leider kosten aber die drei Sportspaß-Fitness-Studios am Berliner Tor, Holsteinschen Kamp und Mexikoring ordentlich extra, nämlich 22,50 Euro plus 15 Euro Aufnahmegebühr.

Schön beweglich sollte jeder sein, der sich für Capoeira interessiert. Diese Sportart kombiniert Kampfsport, Akrobatik und Tanz. Wer sich noch nicht an den Hochschulsport-Kurs rantraut, kann bei der Hamburger Capoeira-Schule „Arte des Garais“ für ein Probetraining vorbeikommen – Gäste und neue Mittänzer sind hier gern gesehen. Was für die Mitgliedschaft bei „Arte des Garais“ spricht: die Schule pflegt Internationalität, für das jährliche Ostermeeting kommen Capoeiros aus aller Welt nach Hamburg.

Hinter dem Sport steht übrigens eine lange Geschichte: entwickelt wurde er von afrikanischen Sklaven in Brasilien, die durch die Kombination mit Tanzelementen das Verbot von Kampfsport umgehen wollten.

Eine weitaus jüngere Sportart ist Ultimate Frisbee. „Das ist wie American Football, nur mit einer Frisbee“, erklärt Andreas Glindemann, Vorsitzender des Clubs Hamburg Fischbees. Die Regeln sind einfach: Die Frisbee muss über das 64 Meter lange Spielfeld in die Punktezone der gegnerischen Mannschaft. Dabei darf mit der Scheibe in der Hand nicht gelaufen werden, wer sie fängt, muss sie an einen der sieben Mitspieler abgeben.

Spielen kann das jeder: „Von meinem 12-jährigen Cousin bis zur 80-jährigen Oma“, meint Glindemann. Blutigen Anfängern empfiehlt er trotzdem den Unisport-Kurs, der 28 Euro kostet. Wer sich fit fühlt, kann aber auch einfach zu einem offenen Training vorbeikommen – wo und wann ist auf der Homepage nachzulesen.

Crossgolf: www.naturalborngolfers.com, Sportspaß e. V.: www.sportspass.de oder ☎ 41 09 370, Capoeira: www.capoeirainhamburg.de, Ultimate Frisbee: www.fischbees.com

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