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Vorsicht, Sie haben Wanzen

ÜBERWACHUNG Mit hunderttausenden „stillen SMS“ orten BKA, Verfassungsschutz und Zoll den Standort von Verdächtigen, ohne dass Betroffene das bemerken können

BERLIN taz | Wer sein Handy immer eingeschaltet in der Tasche trägt, kann überall telefonieren und angerufen werden. Damit ist er aber auch für die Sicherheitsbehörden jederzeit lokalisierbar. Diese machen davon weit häufiger Gebrauch als bisher vermutet. Vor allem der Einsatz sogenannter stiller SMS hat sich zu einer Standardmaßnahme entwickelt, wie eine Auskunft der Bundesregierung jetzt ergeben hat.

Allein das Bundeskriminalamt hat im Jahr 2010 rund 100.000 „stille SMS-Textnachrichten“ an Mobiltelefone von Verdächtigen geschickt, um den Standort von Verdächtigen zu orten. Beim Verfassungsschutz und Zoll waren es noch mehr. So können Flüchtige festgenommen und die Bewegungen von Verdächtigen verfolgt werden.

Eine „stille SMS“ ist ein Ortungsimpuls, der von einem Polizeiserver abgesandt wird. Er bringt das Handy der Zielperson dazu, mit der örtlichen Funkzelle Kontakt aufzunehmen. Am Handy selbst ist dieser Vorgang aber weder zu sehen noch zu hören. Neu ist das nicht, aber die Häufigkeit des Einsatzes solcher „stillen SMS“ überrascht doch. Der Chaos Computer Club bezeichnet das Handy schon lange als „Ortungswanze“.

Ob der Versand „stiller SMS“ zulässig ist, ist rechtlich umstritten. Das Bundesjustizministerium wollte sich auf Anfrage der taz zu dieser Frage „nicht positionieren“. Ob „stille SMS“ rechtlich zulässig sind, sollen die Gerichte zunächst entscheiden. Noch gibt es keine Gerichtsentscheidungen, weil die Polizei die Betroffenen über den Einsatz dieses Tricks gar nicht informiert.

Die stärkste Zunahme an „stillen SMS“ gab es im Jahr 2011 bei der Zollfahndung, für die Finanzminister und Exinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verantwortlich ist. Der Zoll verschickte im ersten Halbjahr 2011 227.587 Ortungsimpulse, fast so viele wie im gesamten Jahr 2010. Eine Erklärung für diese Verdoppelung blieb das Zollkriminalamt auf Anfrage schuldig. CHRISTIAN RATH

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