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flierls gedenkkonzeptWieder eine Chance vertan

Eigentlich war nichts anderes zu erwarten: Thomas Flierl, Meister fremdwortüberladener Bandwurmsätze, hat ein „Gedenkkonzept Berliner Mauer“ vorgelegt, das saft- und kraftlos ist, dafür aber nicht an Worten spart. Vielleicht sollte man von einem Senator der Pleitehauptstadt keine Visionen erwarten. Aber klare Worte und Gedanken doch schon. Die aber liefert Flierl nicht. Es ist überdeutlich: Das Mauergedenken liegt dem PDS-Senator einfach fern. So fern, dass er sein Konzept erst 2011 verwirklicht sieht. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier etwas auf die lange Bank geschoben wird.

KOMMENTAR VON PHILIPP GESSLER

Wenn dann auch noch davon die Rede ist, die Mauer um Berlin sei „das hässliche Äußere einer ansonsten menschenfreundlichen Gesellschaft“, weiß man, wo die Rumeierei des Senators ihren Ursprung hat: Er darf es sich mit seinen Genossen nicht verscherzen – und die, zum großen Teil alte SED-Kader, würden es ihm übel nehmen, wenn er mit Verve und Klarheit ein Konzept zum Gedenken an ein DDR-Monstrum vorlegte, das diese Herrschaften am liebsten verdrängen, war die Mauer doch das sinnbildlichste Zeichen eines gescheiterten Staates, an das zu viele Menschen zu lange glaubten.

Nein, dieses Konzept wird keine größere Wirkung haben, denn neben Mut fehlt es ihm auch an klaren Zeit- und Finanzierungsvorschlägen – wenigstens die politiktechnische Seite hätte man sich ja noch vorstellen können. Flierl hat eine weitere Chance vertan, sich mit einer kühneren Konzeption in Erinnerung zu rufen. Seine Opernreform wird voraussichtlich das Einzige sein, womit er sich in (ausführlichere) Geschichtsbücher der Stadt einschreiben wird. Dabei wäre es ihm beim Mauergedenken möglich gewesen, bundesweit Ausrufezeichen zu setzen, gehört dies Gedenken doch dem ganzen Land, ja – siehe Checkpoint Charlie – der ganzen Welt.

Immerhin: Dem misslungenen „Freiheitsdenkmal“ von Alexandra Hildebrandt am Checkpoint Charlie will er keinen Platz in seinem Konzept überlassen. Hier zumindest ist seine Konzeption klar. Die Drecksarbeit muss hier aber eh der Investor erledigen, der eines Tages die Bagger rufen muss. Was aber macht Flierl, wenn Alexandra Hildebrandt die Fläche kauft?

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