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Ein harter Kampf um ein hartes Edelmetall

SÜDAFRIKA Einen Monat nach Beginn des Streiks in der größten Platinmine der Welt herrscht Gewalt

AUS JOHANNESBURG MARTINA SCHWIKOWSKI

Tränengas und Wasserwerfer sollten die streikenden Bergarbeiter der weltgrößten Platinmine nahe der südafrikanischen Stadt Rustenburg auseinandertreiben. Aber die Gewalt eskalierte massiv. Rund 5.000 Kumpel hatten am Donnerstag die Zufahrtstraße versperrt. Wütend schleuderten sie Steine auf Autos und griffen Kollegen an, die zur Arbeit gehen wollten. Im nahen Township ging der Mob auf die Barrikaden. Die Polizei versuchte den seit einem Monat andauernden Streik der Bergarbeiter für höhere Löhne gewaltsam zu beenden. In der Nacht zum Freitag kam ein Mensch ums Leben: Die Menge schlug ihn während einer Demonstration vor dem Bergwerk zu Tode.

Die Betreiberfirma der Mine, Impala Platinum, ist weltweit der zweitgrößte Platinhersteller. 80 Prozent der globalen Platinreserven befinden sich in Südafrika, Rustenburg liefert normalerweise ein Achtel der Weltproduktion. Südafrika hat einen schlechten Ruf, was Sicherheit in Bergwerken betrifft: Die Arbeit in den Minen ist oft gefährlich und unterbezahlt. Die Kumpel in Rustenburg fordern für den einfachen Arbeiter unter Tage einen Mindestverdienst von 700 Euro pro Monat – bisher sind es 320.

Mit einem illegalen Streik von 5.000 Bergleuten, die unter Tage die Felsen anbohren, begann im Januar der Protest in Rustenburg, der sich dann auf die weitere Arbeitnehmerschaft ausdehnte. Seither ist der Weltmarktpreis für Platin um 7 Prozent gestiegen, und laut Geschäftsführer David Brown hat Impala rund 1,2 Millionen Euro und 3.000 Unzen Ausbeute pro Tag verloren – insgesamt bereits mehr als 1,8 Tonnen im Wert von rund 120 Millionen Euro.

Als es zu dem Streik kam, entließ das Unternehmen alle 17.000 Arbeitnehmer. Die Firma heuert jetzt aber wieder Arbeitskräfte an. Geschäftsführer Brown erklärte, bereits 6.000 der gefeuerten Bergleute seien inzwischen wieder eingestellt. Er habe keine Ahnung, wann das Werk die Produktion wiederaufnehmen könne. „Wenn die Arbeiter nicht zurückkommen, müssen wir neue einstellen. Es dauert zwei bis vier Wochen, bis alles wieder normal läuft.“

Verkompliziert wird die Lage durch Streit zwischen Gewerkschaften. Die Arbeitnehmer sind sich uneins über ihre Vertretung. Südafrikas größte Bergarbeitergewerkschaft NUM (National Union of Mineworkers) vertritt etwa 70 Prozent der 47.000 Personen starken Belegschaft von Impala in Südafrika und Simbabwe, aber viele Kumpel wollten lieber mit dem Verband für Bergbau und Konstruktion verhandeln. Die NUM sah in dem Streik bei Impala eine Rebellion ihrer Mitglieder gegen die Gewerkschaft und versicherte nun Impala, alle Arbeitnehmer wieder zur Rückkehr an den Arbeitsplatz zu bewegen. Impala wiederum lehnte ab, mit den Führern der streikenden Bergleute zu sprechen. NUM-Sprecher Lesiba Seshoka hat die Gewalt und die Einschüchterung von arbeitswilligen Bergleuten verurteilt.

Die Lage in Rustenberg, das rund 120 Kilometer nordwestlich von Johannesburg liegt, blieb auch am Freitag weiterhin angespannt. Rund 3.000 Streikende sammelten sich erneut vor der Mine. Sie hoffen, dass jetzt der traditionelle König des etwa 150.000 Menschen zählenden Bafokengvolkes in der Nordwestprovinz Südafrikas schlichtet. Eine Delegation der Arbeitnehmer ging am Freitag zum Königshaus der Royal Bafokeng Nation. König Leruo Molotlegi besitzt rund 13,2 Prozent Anteile am Impala-Werk.

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