: Die Wüste bebt
Stephan Berg vom Kunstverein Hannover wird nun doch nicht neuer Chef im Bremer Neuen Museum Weserburg
Ein bisschen wirkt es so, als wäre eine gute Nachricht in der krisengeschüttelten Bremer Kulturlandschaft so etwas wie ein Schluck Wasser in der Wüste. Die Augen werden groß, die Hände strecken sich aus, es fühlt sich gut an – und davon sollen die anderen in der Wüste umgehend erfahren.
Also verkündete Bremens Bürgermeister Henning Scherf (SPD) am 24. April bei der Eröffnung der Ausstellung „Sammel-Leidenschaften“ im Neuen Museum Weserburg, der Nachfolger des sich zur Ruhe setzenden Direktors Thomas Deecke sei Stephan Berg, der Leiter des Kunstvereins Hannover. Zunächst schien auch alles klar zu sein: Berg gab Interviews zu seiner neuen Rolle in Bremen und die Hannoveraner Presse bedauerte seinen Weggang. Bergs Weggang erschien als Fakt, obwohl der Vertrag noch gar nicht unterzeichnet war – letzteres schien lediglich eine Formsache zu sein. Nun aber hat Berg abgesagt. Er wird den Vertrag nicht unterzeichnen, wird nicht nach Bremen kommen und statt dessen in Hannover bleiben.
Warum? Zum einen hat es Berg geärgert, dass die Bremer gegen seinen Willen vorgeprescht waren. Er habe den Bremer Staatsrat Hoffmann gebeten, dass die Ausstellungseröffnung „ohne Namensnennung“ ablaufen solle, so Berg in einem schriftlichen Statement. In der Bremer Senatskanzlei dagegen heißt es: „Scherf hat im guten Glauben und aufgrund einer Verabredung zwischen Hoffmann und Berg die Gelegenheit der Ausstellungseröffnung genutzt“, so Senatssprecher Schloesser. „Das war autorisiert, dass man den Namen nennen kann.“
Der Hauptgrund für Berg aber dürfte sowieso folgender sein: „Im Verlauf weiterer Gespräche der letzten zwei Wochen wurde die Dramatik der finanziellen Situation des Neuen Museum Weserburg wie auch seiner organisatorischen Struktur in weit höherem Maße deutlich, als sich dies bisher abgezeichnet hatte“, schreibt Berg. Senatssprecher Schloesser dagegen sagt, das Einverständnis sei „in Kenntnis aller Rahmenbedingungen“ hergestellt gewesen.
So oder so ist Bergs Rückzieher ein herber Schlag für das Renommee der Hansestadt: Der Job eines Museumsdirektors in Bremen hat ganz offensichtlich eine überschaubare Anziehungskraft. Was sich auch ablesen lässt an der Dauer des gesamten Vorgangs: Die Suche nach einem Nachfolger für Thomas Deecke wollte man eigentlich Anfang Januar beendet haben – jetzt geht sie wieder von vorne los geht. kli
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