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Streik ausgesetzt

PFLEGE Nach über 40 Tagen Arbeitskampf ist eine Einigung zwischen Ver.di und „Pflegen und Wohnen“ in Sicht. Politiker hatten einen Tarifvertrag gefordert

Je länger der Streik andauerte, desto drastischer wurden die Auswirkungen auf die Bewohner

In den Tarifstreik zwischen Ver.di und den Inhabern des größten privaten Pflegeheimbetreibers in Hamburg, „Pflegen und Wohnen“, ist Bewegung gekommen: Gestern haben die Beteiligten die Verhandlungen wieder aufgenommen.

„Die Geschäftsführer haben uns angeboten, in einem moderierten Prozess wieder ins Gespräch zu kommen“, sagt Ver.di-Sekretär Björn Krings. Am Ende solle der Tarifvertrag stehen. Daher werden die Streiks ab heute nicht mehr stattfinden. Seit über 40 Tagen haben die 1.600 Mitarbeiter des größten Pflegeheimbetreibers Hamburgs in den 13 Einrichtungen für einen Tarifvertrag gestreikt.

Gerade hatte sich auch die Politik eingemischt. In einer gemeinsamen Erklärung forderten die Bürgerschaftsfraktionen von SPD, GAL und Linkspartei den Pflegeheimbetreiber dazu auf, wieder in die Tarifverhandlungen einzusteigen.

Der Pflegeheimbetreiber wollte anstelle eines Tarifvertrags eine betriebsinterne Regelung für die Mitarbeiter durchsetzen. Aus den Gesprächen darüber war der Betriebsrat Ende Februar ausgestiegen. „Die Geschäftsführer wollten in dem Antrag Dinge regeln, die in einen Tarifvertrag gehören“, begründete Betriebsratsvorsitzender Rolf in der Stroth das Vorgehen.

Gestern Nachmittag gab es nach einer langen Zeit der Funkstille wieder Gespräche zwischen Ver.di und der Geschäftsführung. Gegenstand sei die Notdienstvereinbarung gewesen, sagt der Personalleiter von „Pflegen und Wohnen“, Thomas Flotow. Nach Meinung von „Pflegen und Wohnen“ müsse diese ausgeweitet werden.

Je länger der Streik andauerte, desto drastischer wurden die Auswirkungen auf die Bewohner der Pflegeheime. Deren Betreuung wird während des Streiks mit einer Notfallverordnung geregelt. Diese stellt jedoch nur eine Grundversorgung sicher. Laut NDR habe es Beschwerden von Bewohnern über Personalengpässe gegeben. Der Medizinische Dienst habe daher in der letzten Woche eine Einrichtung von Pflegen und Wohnen überprüft.

Die Geschäftsführung berichtete in einem Brief an die Mitarbeiter bereits Anfang Februar von Defiziten in der Behandlung und Versorgung der Bewohner. Ver.di bezeichnete dieses Vorgehen als „unanständig“. Verantwortlich für die Situation seien die Betreiber, die sich den Tarifverhandlungen verweigerten, sagte Krings.

Im Sommer 2011 hatten die Geschäftsführer den Tarifvertrag gekündigt, eine Kompromisslösung im November des vergangenen Jahres ließen sie platzen. Sie sei nicht finanzierbar gewesen, sagte Geschäftsführer Johannes Kamm. Nach Meinung von in der Stroth hatte die Entscheidung „rein ideologische Gründe“. Die erste Gehaltssteigerung von 2,5 Prozent sei erst für 2014 vorgesehen gewesen. Das letzte Mal wurden die Löhne bei Pflegen und Wohnen 2009 erhöht. LINA SULZBACHER

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