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Schäuble pokert um Finanzsteuer

EU Die Finanzminister ringen mal wieder darum, die neue Abgabe einzuführen – London ist dagegen

BRÜSSEL taz | Beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel sorgt die Finanztransaktionssteuer für Aufregung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und acht Amtskollegen hatten sich vor dem Treffen dafür ausgesprochen, die Abgabe auf Börsengeschäfte voranzutreiben und bis Juni alle Hindernisse für die Einführung aus dem Weg zu räumen. Doch Großbritannien und Schweden stellen sich quer, auch Luxemburg hat noch Vorbehalte.

Zudem ist nicht klar, wie ernst Schäuble seinen Vorstoß meint. In seinem Brief gibt er sich zwar „fest davon überzeugt, dass eine Finanztransaktionssteuer auf europäischer Ebene eingeführt werden sollte“. Doch bisher scheint er nicht bereit, die Abgabe zur Not auch im Rahmen der Eurogruppe – also von 17 statt 27 EU-Ländern – einzuführen. Schäuble wolle „mit aller Kraft“ dafür kämpfen, dass alle 27 mitmachen, hieß es vor dem Finanzministertreffen in Brüssel.

Der Finanzminister steht unter Druck aus Berlin und Paris. Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy hat bereits angekündigt, den Ableger der sogenannten Tobin-Steuer im Alleingang einzuführen. Und in Berlin fordern Sozialdemokraten und Grüne die neue Steuer als Gegenleistung für ihre Zustimmung für den neuen Fiskalpakt, den Kanzlerin Angela Merkel in Brüssel mit 25 EU-Staaten geschlossen hatte.

Die EU-Kommission hatte bereits im September einen Vorschlag für die Finanzsteuer gemacht. Er sieht eine Besteuerung bei Wertpapieren von 0,1 Prozent des Umsatzes vor. Brüssel rechnet bei einer EU-weiten Einführung mit Einnahmen von 57 Milliarden Euro jährlich. Die Abgabe soll Geld zur Haushaltssanierung in die Kassen spülen und bislang unkontrollierte Zockerei wie den automatischen Hochfrequenzhandel eindämmen.

Großbritannien ist aus Prinzip dagegen, weil es um die Vorteile des Finanzplatzes London fürchtet. Ähnliche Vorbehalte hat offenbar auch Luxemburg. Experten fürchten, Investoren und Händler könnten auf Staaten außerhalb Europas oder der Eurozone ausweichen, wenn die Finanzsteuer nicht international eingeführt wird. ERIC BONSE

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