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Parlamentswahl im InselstaatSri Lanka hofft auf Wandel

Innerhalb weniger Monate wird im Inselstaat Sri Lanka zum zweiten Mal gewählt. Präsident Dissanayake will seinen Linkskurs parlamentarisch stärken.

Durch die vorgezogenen Wahlen könnte er sich eine Mehrheit beschaffen: Präsident Anura Kumara Dissanayake (M.) Foto: Eranga Jayawardena/ap

Mumbai taz | In Sri Lanka wird am Donnerstag ein neues Parlament mit 255 Ver­tre­te­r:in­nen gewählt. Der neue Präsident des Inselstaates, Anura Kumara Dissanayake (NPP), hatte im September kurz nach seiner Amtseinführung das Parlament aufgelöst, um den Weg für vorgezogene Wahlen zu ebnen.

Zu den letzten Parlamentswahlen im Jahr 2020 war Dissanayake noch mit seiner linksgerichteten Volksbefreiungsfront (JVP) angetreten und erhielt nur drei der 225 Sitze. Nun tritt er mit dem Bündnis NPP an. Durch die vorgezogenen Wahlen könnte er sich eine Mehrheit beschaffen, im Präsidentschaftswahlkampf hatte er bereits von Neuwahlen gesprochen.

Während der Massenproteste vor zwei Jahren war der damalige Staatschef Gotabaya Rajapaksa (SLPP) aus dem Land geflüchtet. Tausende hatten seinen Amtssitz gestürmt. Nun macht Dissanayake Hoffnung auf einen politischen Wandel.

Seine Politik, verspricht er, will er nicht nur für die Singhalesen im Süden, sondern auch für die Tamilen im Norden machen. Mit einer neuen politischen Spitze. Dazu hat er bereits seine Parteikollegin und Soziologin Harini Amarasuriya (NPP) als Premierministerin in die Regierung berufen.

Brandbeschleuniger für Wirtschaftskrise?

Dissanayakes aufstrebendes Linksbündnis Nationale Volksmacht (NPP) hat bisher wenig Regierungserfahrung. Allerdings zeichnete sich bereits im Herbst ab, dass die Partei in der Bevölkerung immer populärer wird. Etablierte Parteien, wie die buddhistisch-nationalistische SLPP um die Familie Rajapaksa, verlieren zunehmend an Zuspruch. Viele sehen deren Fehlentscheidungen in der Regierung als Brandbeschleuniger der Wirtschaftskrise, in die das Land 2022 schlitterte.

Bei den vergangenen Parlamentswahlen war die NPP (vertreten durch die JVP) mit weniger als 4 Prozent der Stimmen noch eine Außenseiterin. Das dürfte sich jedoch ändern. „Der neu gewählte Präsident hat es geschafft, seine Macht zu festigen“, sagt der politische Beobachter George Cooke gegenüber der taz. Auch die Privatwirtschaft habe Vertrauen in den Präsidenten.

Um die anstehenden Reformen durchs Parlament zu bringen, ist Dissanayake auf eine breite Unterstützung der 17 Millionen Wahlberechtigten angewiesen. Die Partei des bisherigen Oppositionsführers Sajith Premadasa (SJB) wird wohl nicht in die Regierung eintreten. Die NPP ist im Vorfeld der Wahlen auf tamilische und muslimische Minderheitsparteien zugegangen. Sie gelten als mögliche Koalitionspartner, falls die NPP keine eigene Mehrheit im Parlament erreicht.

NPP gilt als chinafreundlich

Für manche ist die Politik der NPP inzwischen zu populistisch. Aus dem Lager der Bürgerproteste vor zwei Jahren schlossen sich einige der NPP an, andere gründeten die Bewegung People’s Struggle Alliance (PSA), die mit einem Regenschirm als Wahlsymbol gegen die NPP antreten, die sie als zu wenig links betrachten.

Auch der Einfluss alter Kader aus den Reihen der kommunistischen Volksbefreiungsfront JVP, die in der NPP aufgegangen ist, ruft Besorgnis hervor. Außerdem gilt die NPP als china­freundlich, wenngleich Dissanayake eine Annäherung an Indien vornahm.

Trotzdem: Viel Spielraum hat er nicht. Ein Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds IWF über 2,9 Milliarden US-Dollar hat Sri Lanka zwar seit März 2023 geholfen, die wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Doch auch in Zukunft wird der Inselstaat auf ähnliche Vereinbarungen angewiesen sein – und die gehen mit Abstrichen für die Bevölkerung einher, um den Schuldenberg abzustottern.

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