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Durchsuchungen bei Neuköllner NeonazisErmittlungen ausgeweitet

Wegen zwei weiterer Autobrandstiftungen gab es Razzien bei den Neonazis Tilo P. und Sebastian T. Wieder betroffen ist der Buchhändler Heinz Ostermann.

Polizist bei einer Razzia Foto: dpa

Berlin taz | Die Neuköllner Neonazis Tilo P. und Sebastian T. mussten auch am Montag wieder vor dem Landgericht Berlin zu ihrem Berufungsprozess erscheinen. Angeklagt sind sie hier vor allem aufgrund von Brandstiftungen an den Autos des Linken-Politikers Ferat Koçak und des Buchhändlers Heinz Ostermann im Februar 2018 – zwei von insgesamt 23 Brandstiftungen, die dem Neukölln-Komplex zugeschrieben werden, jener rechtsextremen Anschlagsserie vor allem im Süden des Bezirks mit mehr als 70 Straftaten.

Doch nun wird gegen die beiden Neonazis auch wegen zweier weiterer Brandstiftungen ermittelt. Wie ein Sprecher der Berliner Generalstaatsanwaltschaft der taz bestätigte, kam es am vergangenen Montag zu Hausdurchsuchungen bei Tilo P., Sebastian T. sowie dem Neonazi Julian B.

Gegenstand des separaten Verfahrens sind zwei Taten vom 23. Januar 2017. Damals brannte zunächst das Auto des in der IG Metall aktiven Gewerkschafters Detlef Fendt, der sich in Neukölln gegen rechts engagiert. Später brannte dann auch der Wagen von Heinz Ostermann, der die Buchhandlung Leporello führt.

Gesucht worden seien Datenträger wie Mobiltelefone „in der Hoffnung auf Tatdokumentationen und Kommunikationsauswertung“, wie der Sprecher sagte. Ergebnisse der Razzien würden zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht mitgeteilt. Klar ist dennoch: Dass es jetzt, fast acht Jahre nach den Taten, zu den Durchsuchungen kommt, liege an neuen Ermittlungsdetails.

Wieder Attacke auf Ostermann

Die Attacken auf Ostermann gehen unterdessen weiter. Am Montag legte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im Innenausschuss dar, dass Ostermann am 27. Oktober Anzeige bei der Polizei erstattet hatte, nachdem er festgestellt hatte, dass bei seinem in der Nähe der Buchhandlung abgestellten Auto zwei Reifen zerstochen waren. Das Dezernat für politische Kriminalität rechts des Landeskriminalamtes habe die Ermittlungen aufgenommen, sagte Spranger. Man nehme „jeden einzelnen Vorfall in diesem Zusammenhang sehr ernst“. Für die Betroffenen der Anschlagsserie werde regelmäßig die Gefährdungslage bestimmt.

Ostermann hatte dagegen angegeben, dass zunächst keine Streife vorbeigekommen sei; der Linken-Innenpolitiker Niklas Schrader sagte zudem, dass auch die nächste Polizeiwache seine Anzeige nach einer Stunde Wartezeit nicht aufgenommen hätte. Ostermann habe daraufhin eine Online-Anzeige gestellt. In der kommenden Woche werden Ostermann und Koçak vor dem Landgericht als Zeugen vernommen.

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