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Klage gegen NRW-Wahlrecht aussichtslos

Anfechtung der NRW-Landtagswahl durch „DIE PARTEI“ hat wenig Chancen. Verwaltungswissenschaftler und Politologen halten das Ein-Stimmen-Wahlrecht in Nordrhein-Westfalen für verfassungsgemäß

DÜSSELDORF taz ■ Die geplante Anfechtung der NRW-Landtagswahl durch „DIE PARTEI“ wird wohl erfolglos bleiben. „Das hat keine Chance“, sagte der Münsteraner Rechtsprofessor und Verwaltungswissenschaftler Janbernd Oebbecke gestern zur taz. Das Ein-Stimmen-Wahlrecht in NRW sei mit der Landesverfassung vereinbar. Die Umwandlung in ein Verhältniswahlrecht könnte politisch herbeigeführt werden, nicht aber juristisch.

„DIE PARTEI“ hatte gestern angekündigt, die Wahl vom Sonntag anzufechten (taz berichtete). Der Bundesvorsitzende und Chef des Satiremagazins Titanic, Martin Sonneborn sagte, dass seine Organisation trotz Aufstellung einer Landesliste nur über Direktkandidaten habe gewählt werden können, „ist verfassungswidrig“.

Das Argument der Mini-Partei: Kleine Parteien würden benachteiligt, da sie nur in den Wahlkreisen gewählt werden könnten, in denen sie einen Direktkandidaten aufgestellt hätten. Insgesamt reichte „DIE PARTEI“ für die Zulassung zur Landtagswahl 1.765 Unterstützerunterschriften für eine Landesreserveliste ein, war aber nur in vier Wahlkreisen wählbar.

Bei der Wahl am 22. Mai erreichte die Satirepartei in ihren vier Bezirken 1.338 Stimmen, was einem landesweiten Prozentanteil von 0,0 entspricht. Nun müsse geprüft werden, auf welchem Wege die Wahl angefochten werde, sagt der Rechtsanwalt der „PARTEI“, Tim C. Werner. Eine Normenkontrollklage sei ebenso möglich wie eine Verfassungsklage.

Zuletzt hatte das Landesverfassungsgericht in Münster vor sechs Jahren in das NRW-Wahlrecht eingegriffen. Damals kippten die Landesrichter die Fünf-Prozent-Hürde bei den Kommunalwahlwahlen. Das Gericht gab einer Organklage der PDS und der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) gegen den Düsseldorfer Landtag statt. Zur Begründung hieß es, das Landesparlament habe das in der Verfassung verankerte Recht der klagenden Parteien auf Chancengleichheit bei der Wahl verletzt. Ob dieses Argument bei einer Klage gegen das Landtagswahlrecht eine Rolle spielt, zweifelt der Politikwissenschaftler Timo Grunden (Uni Duisburg-Essen) an. Beim Thema Ein-Stimmen-Wahlrecht gehe es nicht in erster Linie um Chancengleichheit. „Das Wahlrecht ist absolut demokratisch“, sagt der Politologe. Der Gleichheitsgrundsatz werde nicht verletzt. Auch andere Bundesländer wie Baden-Württemberg oder das Saarland hätten seit Jahrzehnten das Ein-Stimmen-Wahlrecht. MARTIN TEIGELER

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