piwik no script img

Nach Teil-Ablehnung im BundesratUnion fordert Verschärfung des „Sicherheitspakets“

Unionspolitiker wollen schärfere Maßnahmen bei der Gesichtserkennung und Vorratsdatenspeicherung. Dabei hoffen sie nun auf den Vermittlungsausschuss.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Thorsten Frei Foto: Liesa Johannssen/Reuters

BERLIN dpa | Nach dem Stopp von Teilen des sogenannten Sicherheitspakets im Bundesrat fordern Unionspolitiker deutliche Verschärfungen der Ampel-Pläne. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm, verlangt mehr Sicherheitsbefugnisse bei der Gesichtserkennung und der Vorratsdatenspeicherung. „Bei diesen Maßnahmen gibt es akuten Nachbesserungsbedarf beim Sicherheitspaket der Ampel“, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post.

Die Union werde daher im Vermittlungsausschuss alles daran setzen, diese Änderungen durchzusetzen. Er warf der FDP vor, die Maßnahmen „torpediert“ zu haben.

Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Thorsten Frei. Auf die Frage, ob das „Sicherheitspaket“, so wie es jetzt ist, im Bundesrat Zustimmung von der Union bekommen werde, antwortete er in der RTL/ntv-Sendung „Frühstart“: „Nein, das macht keinen Sinn.“ Es sei die Aufgabe des Vermittlungsausschusses, nun eine bessere Lösung zu finden. „Wir sind jedenfalls bereit, für mehr Sicherheit in Deutschland auch etwas zu tun“, ergänzte Frei.

Wüst: Handwerkszeug gegen Terrorismus

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte der Bild-Zeitung, Deutschland benötige „eine angemessene Speicherung von Verkehrsdaten bei den Telekommunikationsanbietern“. „Wir müssen unseren Sicherheitsbehörden das Handwerkszeug geben, um Terroristen und andere Straftäter im Internet und in sozialen Medien aufzuspüren.“

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte das sogenannte Sicherheitspaket nach dem Messeranschlag von Solingen auf den Weg gebracht. Nach kontroverser Debatte hatte der Bundestag das Gesetzespaket am Freitag angenommen – doch wenig später stoppte der Bundesrat einen Teil davon. Während Verschärfungen im Aufenthalts- und Waffenrecht damit auf den Weg gebracht sind, liegen Pläne für mehr Internet-Befugnisse der Sicherheitsbehörden vorerst auf Eis.

Bei dem nun gescheiterten „Gesetz zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung“ können Bundestag und Bundesregierung noch einen Rettungsversuch im Vermittlungsausschuss machen. Das Gremium ist mit Vertretern von Bundestag und Bundesrat besetzt und kann in solchen Fällen nach Lösungen suchen.

„Quick-Freeze-Verfahren“ auf den Weg gebracht

Das umstrittene Thema Speicherung von Kommunikationsdaten für Ermittlungszwecke ist nicht Teil des Pakets. Bundesjustizminister Marco Buschmann hat dazu aber kürzlich Pläne in die Ressortabstimmung gegeben. Vorgesehen ist keine anlasslose Vorratsdatenspeicherung, die Buschmann wiederholt abgelehnt hat, sondern das sogenannte „Quick-Freeze-Verfahren“. Dabei werden Verbindungsdaten wie IP-Adressen und an Anrufen beteiligte Telefonnummern erst dann gespeichert, wenn ein Verdacht auf eine Straftat erheblicher Bedeutung – etwa Mord oder Totschlag – besteht.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ist eigentlich für ein weitergehendes Modell – nämlich eine neue, rechtskonforme Regelung für eine anlasslose Speicherung von IP-Adressen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte Bild: „Das Vorgehen der FDP schadet der Sicherheit im Land – Buschmann ist ein Sicherheitsrisiko für Deutschland.“

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Kapieren selbst die Granden der CDSU denn immer noch nicht, dass sie mit rechtsradikalen, gesetzwidrigen Forderungen und Vokabeln ausschließlich der AfD/BSW in die Hände spielen? Diese Binsenweisheit lernt man doch schon in der KiTa; überall in der Welt werden derartige Erkenntnisse geboten, nur diesen weis(s)en alten Männern fehlt es an Grips oder auch nur an Willen...

  • Die Union will mal wieder mittels Symbolpolitik die Bevölkerung noch mehr überwachen, und so Sicherheit vorgaukeln wo keine ist. Erbärmlich.

  • Wo sind denn die "Terroristen"? Wegen Terrorismus-Politik werfen Menschen teure Parfüms an Flughäfen weg, weil sie nicht glauben konnten, dass die Menscheheit so dumm ist.

    Es geht wohl eher um spekulative "andere Straftäter". Der Staat bleibt Traumarbeitgeber Nummer 1 für Rechtsradikale.

  • Die Union gräbt mal wieder die rechtswidrige anlasslose Vorratsdatenspeicherung aus. Dieser Wiedergänger ist einfach nicht totzukriegen. Und es bleibt dabei, daß die selbsternannten "Law&Order"-Fraktionen die ersten sind, die Rechtsbrüche befürworten, um ihre feuchten Überwachungsträume durchzusetzen.



    Nicht vergessen: Die Union hängt auch bis heute der neoliberalen Ideologie an, die im ersten großen Feldversuch in einer Diktatur (Pinochet-Chile) etabliert wurde. Ebenfalls nicht vergessen: Wir haben eine rechtsextreme Partei, die weiter erstarkt, und die von Teilen der Union bereits als Koalitionsoption betrachtet wird (siehe Sachsen).



    Wer in dieser Gemengelage "mehr Überwachung" fordert, bereitet dem nächsten faschistischen deutschen Staat den Weg.