Milliarden für Russland: Tschechische Geschäfte mit russischem Öl und Gas
Der Öl- und Gassektor ist die wichtigste Einnahmequelle Moskaus. Zu den wichtigsten Käufern zählt die Tschechische Republik.
Obwohl die derzeitige Regierung unter Premierminister Petr Fiala wiederholt betont hat, dass sie die Abhängigkeit von russischem Öl reduzieren möchte, heißt es laut CSD und CREA, dass das Gegenteil der Fall ist. Tschechien hat sich deutlich abhängiger gemacht.
Aber: Öl importiert in der Tschechischen Republik nicht der Staat, sondern ein privates Unternehmen, nämlich das polnische Unternehmen PKN Orlen, die Muttergesellschaft der tschechischen Raffinerien Orlen Unipetrol. Die Regierung hat keinen direkten Einfluss auf die Entscheidungsfindung eines privaten Unternehmens.
Suche nach Alternativen läuft
„Deshalb unterstützen wir aktiv die Diversifizierung der Lieferanten, damit die Tschechische Republik zu Beginn des nächsten Jahres die russischen Öllieferungen vollständig ersetzen kann,“ erklärte die Sprecherin des Ministeriums für Industrie und Handel, Miluše Trefancová.
Die Regierung erleichtert auch den Kontakt tschechischer Händler mit Gasanbietern aus Algerien, Oman, Norwegen, den USA und weiteren Staaten. „Zusätzlich haben wir für das nächste Jahr mit Deutschland die Abschaffung von Gebühren vereinbart, die die Kosten für nicht-russische Gaslieferungen aus dem Westen nach Mitteleuropa erhöhen,“ ergänzte Trefancová.
Auch Martin Vladimirov, Direktor der Abteilung für Energie und Klima beim CSD, weißt auf neue Wege hin, um fossile Brennstoffe nach Tschechien zu bringen. „Die Tschechische Republik könnte regelmäßige Öllieferungen, die nicht aus Russland kommen, sicherstellen, indem sie etwa die verfügbaren Kapazitäten des Transalpen-Pipelinesystems nutzt.“ Außerdem könnten Importe von raffinierten Produkten erhöht werden und Ölvorräte genutzt werden, lautet seine Einschätzung.
Milliarden Geschäft für Moskau
Nicht mal die tschechische Bevölkerung hat etwas von den Geschäften mit Moskau. Laut Bericht hat die tschechische Orlen Unipetrol zwar verbilligtes russisches Öl gekauft – am meisten im dritten Quartal 2022 – doch von den deutlich niedrigeren Preisen profitierten die tschechischen Verbraucher nicht.
Moskau hat durch Ölexporte in die Tschechische Republik von Februar 2022 bis Juni 2023 rund 2,3 Milliarden Euro an Steuern eingenommen. In den letzten zehn Jahren haben die Einnahmen aus der russischen Öl- und Gasindustrie 30 bis 50 Prozent der Gesamteinnahmen des Staatshaushaltes ausgemacht.
Für den Kreml ist dies daher der wirtschaftlich bedeutendste Sektor. Obwohl die Europäische Union versucht, die Zuflüsse russischen Öls durch Sanktionen und andere Maßnahmen zu regulieren, haben Unternehmen, die in der EU tätig sind, weiterhin Schlupflöcher gefunden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel
Mediale Zerrbilder in Amsterdam
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Berichte über vorbereitetes Ampel-Aus
SPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor
Kritik am Deutschen Ethikrat
Bisschen viel Gott
Toxische Bro-Kultur
Stoppt die Muskulinisten!
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“