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Wechseljahre als Thema im BundestagEin Antrag für neun Millionen Frauen

Die Union im Bundestag fordert eine „Menopausen-Strategie“, Ampelpolitikerinnen zeigen sich zumindest offen. Was soll sich ändern?

Konstant schlecht: das mangelnde Bewusstsein für die Menopause Foto: Jacquie Boyd/imago

BERLIN taz | Stimmungsschwankungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen, Osteoporose und Herz-Kreislauf-Probleme: Das sind nur einige der Beschwerden, die im Zusammenhang mit der Menopause auftreten können. Häufig diagnostizieren Ärzte einzelne Krankheiten bei Frauen falsch, etwa depressive Symptome als „Burnout“. „Viele Frauen erleben zudem, dass das, was sie beschreiben, heruntergespielt wird“, sagt Emmi Zeulner, Berichterstatterin für Frauengesundheit der Unionsfraktion im Bundestag.

Zeulner bringt deshalb einen Antrag in den Bundestag ein, den ihre Fraktion bereits einstimmig beschlossen hat: Geschaffen werden soll ein „gesamtgesellschaftliches Bewusstsein für die Wechseljahre der Frau“. Und erarbeitet werden soll eine „nationale Menopausen-Strategie nach internationalem Vorbild“. Der Antrag wird am Freitag im Plenum debattiert.

Die Menopause markiert die letzte Menstruation der Frau, in westlichen Ländern tritt sie durchschnittlich im Alter von 51 bis 52 Jahren ein. Die Jahre davor, die Perimenopause oder Wechseljahre, erstrecken sich im Schnitt über sieben Jahre, bei frühem Beginn sogar bis zu elf Jahren. Derzeit befinden sich allein in Deutschland rund neun Millionen Frauen in den Wechseljahren. Im Jahr 2030 wird etwa ein Viertel der weiblichen Weltbevölkerung betroffen sein.

Doch wie so oft in der Frauengesundheit „klafft eine Lücke an Forschung“, Programmen und Geldern, heißt es im Antrag der Unionsfraktion. Das hat Folgen: Im Medizinstudium ist das Thema nicht angemessen verortet, und Gynäkologen erhalten für Beratung kaum Honorare: Pro Quartal sind gerade einmal 17,54 Euro vorgesehen. Mehr als die Hälfte der Befragten einer aktuellen Umfrage bewerten die Aufklärung über Wechseljahre entsprechend als schlecht oder sehr schlecht.

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Bei alldem müsse es zu „fundamentalen Veränderungen kommen“, sagt Zeulner: Endokrinologische, also hormonwissenschaftliche Inhalte, sollten in der Facharztausbildung vertieft werden. Separate Abrechnungsziffern für Beratungen seien nötig. Und vor allem braucht es einen „neuen Blick auf effektive Behandlungsmöglichkeiten“.

Auch am Arbeitsplatz fordert Zeulner Verbesserungen: „Frauen brauchen die Unterstützung ihrer Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber“, heißt es im Antrag. „Zum Beispiel durch Anpassung der Arbeitsbedingungen, flexible Arbeitszeiten oder Zugang zu Ruheräumen“. In Großbritannien etwa lassen sich Arbeitgeber explizit als „menopause friendly“ zertifizieren.

Die erste bundesweite Befragung von Frauen über Wechseljahresbeschwerden 2023 zeigt das Ausmaß des hiesigen Problems: 10 Prozent der Befragten mit Beschwerden wollen früher in Rente gehen oder sind es bereits. Bei den Befragten, die älter als 55 Jahre waren, wollten sogar fast 20 Prozent der Frauen früher in Rente.

Gelingt die Zusammenarbeit?

Sie habe „den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen angeboten, einen gemeinsamen Antrag parteiübergreifend einzubringen“, um eine Chance auf Umsetzung zu haben, sagt Zeulner. „Das Thema betrifft alle Frauen. Da müssten wir es doch hinkriegen, zusammenzuarbeiten.“ Bisher habe die CSU-Politikerin allerdings „keine Bereitschaft“ wahrnehmen können.

Heike Engelhardt von der SPD-Fraktion sagte der taz, sie sei „jederzeit für Zusammenarbeit mit den demokratischen Fraktionen zu haben“ und lade die Union ein, „uns bei den kommenden Vorhaben zu unterstützen.“ Saskia Weishaupt, Obfrau der Grünen im Gesundheitsausschuss, sagte der taz: „Es ist gut, dass sich das Parlament mit frauenspezifischen Themen befasst.“ Nach der Debatte werde sich zeigen, „inwiefern gemeinsam an einer Initiative zu diesem Thema gearbeitet werden kann“.

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